Haarausfall - Arten und Therapie
Melanie Iris Zimmermann, Apothekerin
Was ist Haarausfall?
Haarausfall: Männer häufiger betroffen als Frauen
Noch bis vor wenigen Jahren existierten keine wirksamen Mittel gegen Haarausfall. Heute hat man die Auswahl zwischen verschiedenen Erfolg versprechenden Substanzen.
Ein paar Haare im Kamm sind noch kein Hinweis auf einen Haarausfall. Es ist vollkommen normal, dass ein Mensch bis zu hundert Haare am Tag verliert. Jeder dritte Mann und jede zehnte Frau sind aber von einem stärkeren Verlust betroffen, erst dann spricht man von Haarausfall.
Die häufigsten Arten des Haarausfalls sind:
Hormonell-erblicher Haarausfall (androgenetische Alopezie)
Kreisrunder Haarausfall (Alopezia areata)
Diffuser Haarausfall
Was Sie selbst tun können
Überlegen Sie, ob Sie die restlichen Haare ebenfalls abschneiden. Vielleicht kommt das neue Gesamtbild bei Ihnen und anderen sogar besser an.
Decken Sie die die kahlen Stellen mit Haaren ab, die noch vorhandenen sind.
Überlegen Sie, ein Toupet zu verwenden.
Versuchen Sie eine Behandlung mit Medikamenten.
In Frage käme auch eine Haartransplantation (Dermatologische und Plastische Chirurgie). Allerdings ist dies eine sehr teure Methode.
Hormonell-erblicher Haarausfall
1) Was im Körper geschieht
Die erbliche Form des Haarausfalls betrifft hauptsächlich Männer und ist mit 95 Prozent die häufigste Form. Viele glauben, das übermäßig produzierte männliche Geschlechtshormon Testosteron sei für den frühzeitigen Haarverlust verantwortlich. Tatsächlich ist aber nicht zu viel Testosteron die Ursache, sondern eine vererbte Empfindlichkeit der Haarwurzeln gegenüber dem Hormon. Zunächst entstehen an der Stirn die so genannten Geheimratsecken, später lichtet sich auch das Haar am Hinterkopf.
Auch Frauen produzieren Testosteron. Erblicher Haarausfall betrifft sie aber nur selten. Ihr Haar dünnt in diesem Fall entlang des Scheitels extrem aus.
2) Therapiemöglichkeiten
Die schmerzliche Wahrheit zuerst: Einmal ausgefallene Haare kommen nicht wieder. Nur eine Haartransplantation kann hier Abhilfe schaffen.
Mit Medikamenten lässt sich teilweise der Ist-Zustand erhalten und ein Erfolg in der Verdickung dünner gewordener Haare verzeichnen. Eine medikamentöse Behandlung sollte so früh wie möglich erfolgen. Setzt man die Mittel ab, schreitet auch der Haarausfall wieder voran.
Um den Körper so wenig wie möglich zu belasten, startet man mit Haartinkturen, die direkt auf die Kopfhaut aufgetragen werden. Erste Ergebnisse sind nach drei bis sechs Monaten zu sehen. Erst wenn Haartinkturen nicht zum Erfolg führen, werden Tabletten eingesetzt.
Haarausfall bei Männern wird in der Gesellschaft als normal akzeptiert. Deshalb zahlen die Krankenkassen die erforderlichen Arzneien gegen Haarausfall nicht. Frauen leiden unter dem Haarausfall in der Regel psychisch wesentlich stärker. Die Kassen übernehmen aus diesem Grund die Behandlungskosten. Die verfügbaren Präparate sind mit einer Ausnahme verschreibungspflichtig.
3) Medikamente
--> Für Männer & Frauen
17-Alpha-Estradiol ist als rezeptfreie Haartinktur erhältlich. Das Östrogen verhindert die Umwandlung des Testosterons in seine aktive Form, das Dihydrotestosteron (DHT). Gegen DHT ist die vererbte Empfindlichkeit hauptsächlich gerichtet. Eine einmalige Anwendung pro Tag reicht aus.
Minoxidil - ebenfalls eine Haartinktur - wird zweimal täglich angewendet. Warum es wirkt, ist bislang nicht bekannt. Vermutlich regt es die Durchblutung und damit auch das Haarwachstum an.
--> Für Männer
Finasterid - als Tablette erhältlich - verhindert die Umwandlung des Testosterons in DHT (wie 17-Alpha-Estradiol). Während der Finasteridanwendung wurde auch eine kleine Menge des Wirkstoffes in der Samenflüssigkeit gefunden. Das Risiko von Missbildungen bei einer Schwangerschaft könne nicht ganz ausgeschlossen werden, so die Beurteilung der Fachzeitschrift arzneitelegramm.
--> Für Frauen
Frauen, die mit der Pille verhüten wollen, profitieren von Kombinationspräparaten aus Östrogenen mit speziellen Gestagenen. Diese Gestagene haben eine antiandrogene Wirkung, also eine Gegenspieler-Funktion zu Testosteron. Die Kombinationen von Chlormadinon mit Ethinylestradiol oder Mestranol und Dienogest mit Ethinylestradiol zeigen sehr gute Erfolge. Bei sehr schweren Formen ist Cyproteron mit Ethinylestradiol die Kombination der Wahl.
Für Frauen nach den Wechseljahren eignen sich Chlormadinon, Dienogest und Cyproteron als Einzelpräparate.
Kreisrunder Haarausfall
1) Was im Körper geschieht
Der kreisrunde Haarausfall (Alopezia areata) ist die zweithäufigste Form, kommt aber sehr selten vor. An mehreren Stellen des Kopfes bilden sich plötzlich kreisrunde, kahle Flecke. Die Haare können aber auch komplett ausfallen. Bis heute sind die Gründe dafür noch nicht klar. Wahrscheinlich liegt entweder eine Störung des Immunsystems oder eine psychische Erkrankung vor, die das Haarwachstum zum Stillstand bringen. Bei den meisten Patienten stellt sich das Wachstum innerhalb eines Jahres wieder ein. Dauert der Haarausfall länger an, kann es sein, dass die Haare nicht wieder nachwachsen.
2) Therapiemöglichkeiten
Die Behandlung beschränkt sich auf wenige Maßnahmen und führt nur selten zum Erfolg. Man vermutet, dass das körpereigene Immunsystem sich gegen die eigenen Haarwurzeln richtet. Kortisonhaltige Haartinkturen sollen das Immunsystem unterdrücken. Durchblutungsfördernde Haartinkturen sollen die Kopfhaut reizen und das Haarwachstum wieder anregen. In schweren Fällen sollten Sie einen auf kreisrunden Haarausfall spezialisierten Arzt aufsuchen - allerdings gibt es davon nur wenige in Deutschland.
Diffuser Haarausfall
1) Was im Körper geschieht
Hier ist der Haarausfall nicht auf einen bestimmten Teil des Kopfes beschränkt, sondern das Haar dünnt insgesamt aus. Die Ursachen können vielfältig sein:
Stress
Mangelerscheinungen durch Fehlernährung oder nach Fastenkuren
Hormonumstellungen nach der Geburt, dem Absetzen der Pille oder in den Wechseljahren
Infektionen
Schilddrüsenfunktionsstörungen
Einnahme von Medikamenten
Prinzipiell kann es sich beim diffusen Haarausfall auch um eine Altererscheinung handeln.
2) Therapiemöglichkeiten
Die Behandlung des diffusen Haarausfalls hängt von der Ursache ab.
Bei Schilddrüsenfunktionsstörungen und Infektionen therapiert man die Grunderkrankung.
Bei Hormonmangel in den Wechseljahren kompensiert eine Haartinktur mit 17-Alpha-Estradiol den Östrogenabfall.
Mangelerscheinungen lassen sich generell durch eine gesunde Mischkost ausgleichen. Ein Mangel an Eisen ist aber weit verbreitet, besonders bei Frauen. Fehlendes Eisen macht sich am Haar besonders bemerkbar. Gegebenenfalls muss man den Mangel mit Eisenpräparaten ausgleichen. Aufschluss darüber gibt eine Blut****yse.
Um sich von Stress und Hormonschwankungen zu erholen, braucht der Körper einfach nur Zeit und Ruhe.
Sind Medikamente die Ursache des Haarausfalls, sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen, ob Sie auf andere Präparate ausweichen können.
Weitere Behandlungen
Bei allen Formen des Haarausfalls gibt es die Möglichkeit einer Operation. Die Dermatologische und Plastische Chirurgie entwickeln ständig bessere Methoden zur Haartransplantation oder zur Verkleinerung kahler Stellen am Kopf.
Es existiert eine Vielzahl von Produkten, die das Haar im Wachstum stärken oder Mangelerscheinungen ausgleichen sollen. Im Allgemeinen ist eine ausgewogene Ernährung ausreichend, um den Körper mit allem Notwendigen zu versorgen.
Obwohl ihre Wirksamkeit nur teilweise bewiesen ist, kann eine Kur mit folgenden Wirkstoffen einen Versuch wert sein, da manche Patienten für sich selbst eine Verbesserung feststellen:
Vitamine B oder H (Biotin)
Spurenelement Zink
Schwefelhaltige Aminosäuren, Cystein und Methionin
Hirse-Extrakte
Kombinationspräparate aus Vitaminen und Schwefelhaltige Aminosäuren
Wundermittel ohne Effekt
In Kleinanzeigen, per E-Mail oder auch im Direktvertrieb über Freunde, Bekannte oder sogar Friseure werden immer wieder rezeptfreie Wundermittel beworben, die angeblich eine dichte Haarfülle hervorzaubern. Mit gut getricksten Vorher-Nacher-Bildern oder anrührenden Geschichten verlocken sie zum Kauf. Sparen Sie sich die oft sehr teuren Produkte. Für sie gibt es keinerlei Wirkungsnachweise.
Blick in die Zukunft
US-Wissenschaftler haben ein Gen entdeckt, das die menschlichen Haarzyklen regulieren kann. Es wurde an einer pakistanischen Familie untersucht, die an Alopecia universalis leidet - einer Form von Haarausfall, die den ganzen Körper betrifft.
Eine anderen Forschungsgruppe aus Chicago gelang es, bei Mäusen Hautzellen in Haarfollikel umzuwandeln. Damit könnte man auch bei einer bereits bestehenden Glatze neue Haare sprießen lassen. Konkrete Ergebnisse für den Menschen sind allerdings noch nicht in Sicht.
Aktualisierung 17.05.2005
http://www.netdoktor.de/medikamente/fakta/haarausfallmittel.htm