14. März 2006 Ob sich wohl jemand freiwillig dazu bekennen würde, verfassungsfeindliche Parteien oder Vereine zu unterstützen, obwohl diese verboten sind? Kaum. Ob ein Einbürgerungswilliger wirklich wissen muß, daß Deutschland 1954 Fußballweltmeister wurde? Na ja.
Nicht alle Fragen aus dem gestern von Innenminister Volker Bouffier (CDU) vorgelegten Katalog erscheinen sinnvoll. Sein Grundanliegen ist es schon - von Einbürgerungsbewerbern mehr Kenntnisse über Deutschland und seine Verfassung zu verlangen.
Indirekt ist diese Forderung an Ausländer, mit der Bouffier nicht zuletzt der Bildung von Parallelgesellschaften entgegenwirken will, aber auch ein schlechtes Zeugnis für den Staat. In der „Loyalitätserklärung”, die Einbürgerungskandidaten derzeit unterschreiben müssen, bestätigen sie, daß sie über die „Bedeutung des Bekenntnisses zur freiheitlich demokratischen Grundordnung” und deren Grundsätze unterrichtet seien.
„Muslimtest”
Das umfaßt die Pflicht des einzelnen, sich selbst zu informieren, aber auch die des Staates zu einer aktiven Unterrichtung. Hier scheint einiges im argen zu liegen. Ein „Muslimtest” - so nannten Kritiker den Einbürgerungsleitfaden aus Baden-Württemberg abschätzig - ist der hessische Entwurf nicht. Entsprechendes hatte Bouffier auch ausgeschlossen. Gleichwohl ist unschwer zu erkennen, daß einige Fragen auf Muslime gemünzt sind, auch wenn sie eleganter formuliert sind als im Leitfaden des Nachbarlands.
Beispiele sind die Frage, ob Frauen sich alleine in der Öffentlichkeit aufhalten oder reisen dürfen, oder diejenige, mit der geprüft wird, wie man zu Zwangsheiraten steht, auch wenn dieses Wort nicht fällt. Der Staat darf dies fragen - ob er ehrliche Antworten bekommt, steht dahin.
Bouffier strebt für Vorbereitungskurse, in denen sich künftige Neubürger auf den Test vorbereiten sollen, eine bundeseinheitliche Regelung an. Ein gewisser Standard ist sicherlich hilfreich. Zu fordern ist aber, daß diese Kurse besser organisiert werden als die Sprach- und Integrationskurse, die es für Zuwanderer bereits gibt und zentral vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge koordiniert werden. Beobachter sprechen schon länger von einem „Verwaltungs-Gau”. Zur Farce darf die Novelle des Einbürgerungsverfahrens aber nicht werden. Dafür ist das Thema zu wichtig.
Text: F.A.Z., 15.03.2006