...und verdient noch dazu das Geld vom 1 Euro Job...

mit anderen Worten ist sie sich nicht zu schade, auch für 1 Euro pro Stunde arbeiten zu gehen, es liegt hier also gar nicht daran, daß jemand nicht arbeiten gehen will, und das sogar zu Konditionen, zu denen niemand freiwillig gehen würde. Vielleicht liegt es auch eher daran, daß da jemand mit "weniger" zufrieden ist. Gemüse im Garten zu ziehen ist doch kein Privileg oder Zeichen von Reichtum oder Snobismus, sondern es kann einfach ein Zeichen dafür sein, daß jemand bewußt versucht, günstig zu leben und eben nicht im Supermarkt einkaufen und mehr Geld ausgeben will. Natürlich muß man im Garten auch arbeiten, vielen Menschen ist das hingegen zu mühsam und die geben lieber mehr Geld aus, um bequem abgepackt von der Theke zu kaufen. Ein Sozial-Abzocker wüßte jedenfalls, wie er anstellt, nicht für 1 Euro arbeiten zu gehen und trotzdem im Supermarkt einkaufen zu können...

Insofern ist das von Dir geschilderte doch kein Zeichen von Unlust, sondern eher von Genügsamkeit und Arbeitsbereitschaft - und gesetzliche Bestimmungen legen fest, wie hoch die Miete einer Wohnung sein darf, wer das Glück hat, in einer billigen 75m-Wohnung zu wohnen (und dafür wird es einen Grund geben, daß sie so billig ist), der braucht eben nicht in eine teuere 1 Zimmer-Wohnung umzuziehen, die tatsache daß jemand eine "große" Wohnung hat, reicht allein jedenfalls nicht dazu aus, demjenigen Schlechtes zu unterstellen, sondern mag eher ein Ausdruck von Neid sein. Und das sagt ja auch dies:

...Unsereins lebt zu zweit auf 55m² und wird es wahrscheinlich auch zu dritt noch. Und spart, spart, spart um wenigstens einmal im Jahr in Urlaub zu können...

Der Punkt ist, wie ich schon woanders schrieb, daß man zwei Lebensverhältnisse nicht miteinander vergleichen kann. Der eine braucht eben mehr Geld zum leben als der andere und der eine betrachtet Dinge als notwendig, die einen anderen gar nicht kümmern.
Ich gebe Dir ein Beispiel: Wenn ich es nicht unbedingt anders tun muß (z.B. zur Arbeit), dann trage ich konsequent meine Kleidung von vor 20 Jahren auf, gehe mit Löchern in der Hose und Schuhen mit klappenden Sohlen einkaufen oder spazieren, solange, bis sie unreparierbar sind oder auseinanderfallen. Damit spare ich eine Menge Geld für neue Kleidung, und was andere darüber denken, interessiert mich einfach überhaupt nicht, denn für meine persönliche Zufriedenheit muß ich keine neue oder einwandfreie Kleidung umhertragen, sondern es reicht, wenn der bloße Zweck erfüllt ist, denn ich befinde mich in meinem Leben nicht permanent auf einem Laufsteg - wenn ich es tun muß, kann ich dem auch Rechnung tragen, doch 99,9% der Zeit muß es eben nicht sein, wozu also soll ich 90% meines Geldes für 0,1% der Zeit, in der ich die dafür gekauften Sachen nutzen kann, ausgeben?

Gegenüber jemand anderem, der Wert auf ständig korrekte Kleidung legt, spare ich alleine dadurch pro Monat locker 50-100€ ein, aufs Jahr gerechnet sind das ein paar Hunderter - und damit kann ich dann etwas anderes tun, womöglich etwas, das sich der Kleidungsbewußte nicht "leisten" kann, und was ihn vielleicht sogar ärgerlich macht (und auch das geht mir an der Sitzfläche vorbei).
Es gibt Leute, die trinken nur Markengetränke, andere sind mit Leitungswasser zufrieden, einige kaufen im Supermarkt, andere stets bei Aldi, einige Raucher rauchen Billigzigaretten um zu sparen, andere die noch viel billigeren Zigarillos. Einige haben eine Klimaanlage, andere sitzen im Sommer nackt und im Winter mit einer dicken Decke in der Wohnung. Oder ... was sagt der bloße Umstand, ein Auto zu fahren, aus? Es gibt Leute, die haben wenig Probleme damit, ein 20 Jahre altes Auto (das übrigens einen Wert von 0 hat und selbst beim Sozialamt kein Problem bereitet) zu fahren, da wird nicht zweimal pro Jahr in die Inspektion gefahren, sondern Reparaturen im Hinterhof des Freundes selbst gemacht, oder der Wagen bleibt eben mal ein paar Monate stehen, bis man das Geld für ein neues Teil zusammen hat. Damit haben einige Leute kein Problem, doch bei anderen muß der Wagen möglichst neu, stets frisch gewaschen und tiptop in Ordnung vor der Haustüre stehen (weil sich der nchbar sonst schlechte Gedanken macht?). Ich persönlich liebte es zum Beispiel früher, Gebrauchtmöbel zu kaufen (oder geschenkt zu bekommen), die kann ich prima herrichten und sie sehen dann aus wie neu. Heute bevorzuge ich es, statt eines Wohnzimmerscharnkes Regale an die Wände zu dübeln - da mögen sich für einige leute die Haare sträuben und die Fußnägel einrollen, doch, wieder, es ist mir so etwas von egal, was jemand anderes darüber denkt <g>. Dafür aber habe ich z.B. einen Computer, der stets dem neuesten Stand entspricht und den sich mit Sicherheit nicht viele Leute so "leisten" können.

Unter dem Strich steht, daß alleine eine andere Lebensführung und andere Werte im Leben tausende von Euro Unterschied ausmachen können und dies schon bestimmt, was sich jemand "leisten" kann, und was nicht. Im Endeffekt ist es die menschliche Eitelkeit, die den Unterschied ausmacht, ich gönne jedem Sozialhilfeempfänger etwas, was ich mir vielleicht nicht "leisten" kann, denn es mag allein daran liegen, daß er bei Dingen, ich im Leben für wichtig halte und für die ich Geld ausgebe, einspart und das Geld dann für etwas ausgibt, das ich mir ZUSÄTZLICH nicht leisten könnte.
Und selbst einigen "Betrügern" gönne ich, was sie sich ergaunert haben - denn wenn ich es nicht mache, heißt das doch lediglich, daß ich dazu nicht den Mut, nicht die Kenntnis, nicht die Beziehungen hatte - dafür aber Mut, Kenntnis und Beziehungen ANDERER Art, die andere Leute dann wiederum staunen oder neidisch machen.

Die ganze Neiddebatte ärgert mich deshalb so ganz besonders, weil hier eigene Werte aufgestellt werden, und andere Menschen alleine danach bewertet und AB(!)gewertet werden. Vergleiche kann man nur zwischen DENSELBEN Sachverhalten ziehen, doch genau das findet hier nicht statt. Es wird munter drauflos dampf-geplaudert und der Mob gröhlt und amüsiert sich. Wie schön!