...Ich würde jeden Job annehmen. Und wenn ich putzen gehen müsste, um auf eigenen Beinen zu stehen...

Das Problem ist es hier, daß man von interessierter Seite dazu verleitet wird, sich in der Rolle eines Bittstellers zu fühlen. Das ist man aber nicht, sondern man ist durch die Eigenschaft, Deutscher zu sein, berechtigt, diese Leistung - in genau definierten Fällen - in Anspruch zu nehmen. Dafür zahlt man hier höhere direkten und indirekten Steuern als in bestimmten anderen Ländern (wo es das z.B. so nicht gibt), und dafür hat man bestimmte Schranken und weniger Rechte an anderer Stelle. Man kann sich nicht nur das aus dem Gesetz heraussuchen, was der persönlichen Philosophie entspricht, sondern muß alles, auch die nach jeweils eigener Meinung "Zitronen", mitessen.

Und den Vertretern der "Anspruchsdenken"-Fraktion darf ich hier einmal eine Frage stellen: Das Grundgesetz sagt "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Wer von Euch kann reinen Herzens sagen, daß er dieser gesetzlichen Forderung entspricht? Wer hat keinen Zaun um sein Grundstück? Wer läßt andere Personen an seinem Eigentum teilhaben?
Ich habe mich z.B. als Grundstücksbesitzer damals immer darüber gefreut, wenn spielende Kinder einen Teil des Anwesens "mißbraucht" haben oder Pflanzen- und Tierliebhaber die von mir geschaffenen Biotope aus der Nähe bewundert haben, ich habe zu Weihnachten mit großem Aufwand vom Haus nicht einsehbare Teile des Grundstückes geschmückt und mich gefreut, wenn Spaziergänger stehenblieben, um es sich anzuschauen.
Auch das ist ein ANSPRUCH, den die Allgemeinheit gegenüber mir, dem einzelnen, hat, bzw. eine Forderung, die an mich als Staatsbürger gestellt wird - und ich bin gerne bereit das zu gewähren - im Gegenzug werde ich jedoch nicht zögern, auch MEINEN Anspruch gegenüber der Allgemeinheit einzufordern bzw. diejenigen zu ermuntern, IHREN Anspruch, so er denn besteht, einzufordern.

...Denn die Zeit am Anfang ist schon schwer genug. Und wenn dann noch Geldsorgen dazu kommen...

Grundsätzlich richtig - selbst jemand, der sich selbst, für sich allein, in Harz4 "eingerichtet" hat, würde wohl dann, wenn jemand zusätzlich zur Familie hinzustößt, sich um Möglichkeiten bemühen, das "Einkommen" aufzubessern, was ja auch wegen der anderen steuerlichen Behandllung durchaus handfeste Vorteile verspricht.

Allerdings - "Geldsorgen" ist ein dehnbarer Begriff. Derjenige, der eine eingerichtete Wohnung hat, der nicht jedes Jahr das neueste elektronische Spielzug benötigt, der lieber ein gutes Buch aus dem Büchertausch oder dem Antiquariat liest, als vor einem HD-Screen neuester Spezifikation abzuhängen, der selbst kocht und backt anstatt sich außer Haus zu bedienen, hat sicherlich eine andere Vorstellung von Geldsorgen, als der, der genau das Gegenteil liebt und bevorzugt. Ebenso wie in einem anderen Beitrag von mir geschrieben - man neigt dazu, seine eigenen Vorstellungen auch in andere hineinzuprojizieren, ohne zu hinterfragen, ob unsere Vorstellung, unser Maßstab, auch für den anderen gültig ist. ICH brauche vielleicht im Monat 3000 Euro plus Miete, um meinem Lebensstil ohne Geldsorgen zu frönen, aber ein ANDERER mit einem anderen Lebensstil kann auch schon mit 1000 Euro glücklich und sorgenlos sein, während wieder ein anderer mit 10.000 Euro im Monat sich wundert, warum am Ende des Geldes noch immer so viel Monat übrig ist. Es gibt eben keinen "normierten" Lebensstil (anders als das per Gesetz normierte "Lebensminimum") und keine Summe, die das Glückminimum oder Sorgenmaximum eines einzelnen definiert.