...wo bleibt da der Stolz...

Ich bin mir ganz im unklaren, was das mit Stolz zu tun haben soll? Stolz ist Selbstzufriedenheit für geleistete Dinge für sich oder die Gemeinschaft - inwiefern ist jemand "stolz", der andere nicht um Hilfe fragt wenn er sie braucht, ich würde das eher "töricht" nennen ("ja, ich ertrinke, doch retten Sie mich bitte nicht, weil ich so stolz bin auf meine Leistung, in den reßenden Fluß gesprungen zu sein"). Viel öfter als "Stolz" sehe ich im Leben ohnehin den "Über-Stolz", nämlich die Arroganz (Hochmut), manchmal berechtigt, meist jedoch nicht.

Das, was als "Stolz" mißverstanden wird, sind eher Spielarten der "Würde" (als innerer Wert) oder, in den meisten Fällen, der "Ehre" (als äußerer Wert) im Sinne von Gesichtsverlust - und das ist in der Tat etwas völlig anderes als Stolz. Ganz besonders in Tunesien trifft man viel öfter auf Ehre als auf Stolz, also auf die Bevorzugung des (äußeren) Wertesystems des Kollektivs gegenüber der (inneren) des Individuums, was also letzlich heißt, daß hier das Denken der anderen über einen selbst für das eigene Handeln maßgeblicher ist, als die eigenen Vorstellungen.

Doch, wie ich schon früher schrieb, schaut man genauer hin, so wird man sehen, daß es zahlreiche Individuen, auch und gerade in Tunesien gibt, die Hilfe, wenn sie sie benötigen, auch erfragen und in Anspruch nehmen (allerdings einer damit einhergehenden Verpflichtung eher ausweichen, als dies z.B. in Deutschland der Fall wäre).
Wenn die Frage lautet, ob jemand ins Gefängnis gehen, verhungern, verbluten oder unter Brücken leben muß, dann geht, nicht nur in Tunesien, die Ehre schnell verloren (leider oft auch die Würde, und daran erkennt man Personen, die vorwiegend äußere, doch kaum inneren Werte entwickelt haben), natürlich gibt es immer Personen, die sagen "eher sterbe ich, etc.", doch da stellt sich dann wieder die oben augeworfene Frage nach der Torheit des Handelns...

Wer dies verneint, der hat sicherlich einen etwas verstellten, idealisierten, Blick auf die Realität. :-)