|
 |
 |
 |
 |
Tagebuch eines tun. Azubis in D.
#214978
21/08/2007 22:11
21/08/2007 22:11
|
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878 Ruhrpott
Jule1980
OP
Mitglied*
|
OP
Mitglied*
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878
Ruhrpott
|
Einleitung
Ich, ein fast 30 jähriger Tunesier, seit genau 2 Jahren in Deutschland lebend, verheiratet mit einer Deutschen, habe nun einen neuen Lebensabschnitt begonnen.
Nachdem ich meinen Integrationskurs abgeschlossen habe, arbeitete ich zuerst auf Minijob Basis bei einem Cateringunternehmen als Kellner. Dann habe ich zusätzlich noch einen 6 Stunden Job als Küchenhilfe in einen Krankenhaus bekommen. Doch natürlich hat mir diese Arbeit weder Spaß gemacht, noch auf lange Sicht hin finanziell zufrieden gestellt, aber ich war froh, überhaupt was gefunden zu haben. Ich kann kaum zählen, wie viele Telefonate ich geführt und wie viele Bewerbungen ich geschrieben habe, um eine Arbeit zu finden.
Nun kam mir ein Zufall zur Hilfe. Die Firma, bei der ich als Kellner beschäftigt war, hat eine neue Azubi zum Koch eingestellt. Doch die Dame erschien nicht an ihrem ersten Tag. So sprach ich mit meinem Chef und er gab mir die Chance, diese Ausbildung zu machen. Lange haben meine Frau und ich uns unterhalten, die positiven sowie die negativen Seiten ausdiskutiert. Wir kamen zu dem Entschluss, dass diese Chance einmalig sei und ich sie nutzen sollte. Finanzielle Einbußungen und sprachliche Schwierigkeiten würden wir auf uns nehmen. Wenn ich es nicht schaffen sollte, brauchen wir uns wenigstens nicht vorzuwerfen, es nicht versucht zu haben. Vor allem vor der Berufsschule hatte ich ein wenig Angst. Was, wenn ich nichts verstehe? Die Praxis ist, denke ich, eher das kleinere Problem. Die Thematik interessiert mich und in einer Küche habe ich in TN auch schon gearbeitet.
Kapitel 1- Start in der Berufsschule
Ich habe die ersten 2 Tage in der Berufsschule überstanden. Wie anzunehmen war, bin ich der Älteste und der einzige Ausländer. Den ersten Schock gab es auch schon, als ich den Stundenplan bekam. Wozu braucht man als Koch Sport und Politik? Die ersten Stunden waren dann auch gleich Politik und Wirtschaft. Ich verstand rein gar nichts. Duales System, Devisen, Sorten, Volkswirtschaft, Feinschmeckerrestaurant… alles Wörter, die in meinem deutschen Wortschatz (noch) nicht vorhanden sind. Eine kleine Beruhigung war, dass auch manche meiner Mitschüler, einige Worte nicht verstanden. Aber ich fragte mich, wie ich das nur schaffen soll. Am zweiten Tag kam dann auch noch Englisch und Deutsch dazu. Englisch war ganz ok. Im Deutschunterricht musste ich natürlich gleich laut vorlesen. Aber ich glaube, außer mein Sitznachbar hat mich niemand verstanden. Ich hoffe, dass ich alles gut bewältige und nicht aufgebe, auch wenn es wohl sehr schwerfallen wird. Mein Ziel ist es, nicht als Klassenschlechtester dazustehen, inshallah. Sehen wir weiter.
Fortsetzung folgt…
Bevor ich das nehme, was ich kriegen kann, warte ich lieber darauf, bis ich das bekomme, was ich haben will!!!
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Re: Tagebuch eines tun. Azubis in D.
[Re: Yasemine06]
#215630
25/08/2007 19:57
25/08/2007 19:57
|
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878 Ruhrpott
Jule1980
OP
Mitglied*
|
OP
Mitglied*
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878
Ruhrpott
|
@yasemine06
mein mann musste keine aufnahmeprüfung machen, die berufsschule benötigt nur das schulzeugnis, wir lassen seins nun offiziell anerkennen hoffentlich tun sie es). wenn er die abschlussprüfung bestanden hat, hat er übrigens gleich die fachhochschulreife, wenn er nicht besteht hauptschulabschluss. fragt doch mal bei der ihk, ob er eine aufnahmeprüfung machen muss.
Bevor ich das nehme, was ich kriegen kann, warte ich lieber darauf, bis ich das bekomme, was ich haben will!!!
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Re: Tagebuch eines tun. Azubis in D.
[Re: norbi]
#215721
26/08/2007 12:00
26/08/2007 12:00
|
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878 Ruhrpott
Jule1980
OP
Mitglied*
|
OP
Mitglied*
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878
Ruhrpott
|
Hallo Norbi. Die Arbeitsagentur kannst du echt vergessen, was Arbeitsplatzsuche angeht. Lies die Stellenanzeigen der örtlichen Tages- oder Wochenzeitung. Ich weiß ja nicht was deine Frau machen möchte aber da gibt es einige Angebote. Die sind meistens auf 400 Euro Basis, aber das reicht ja für die Anfangszeit zum eingewöhnen. Ansonsten geht zu den Leihfirmen. Dort kann es sein das sie einen schriftlichen deutsch Test machen muß. Und haltet die Augen auf, oft werden Stellenangebote irgendwo an einem Geschäft o.ä. angehängt. Was die Ausbildung angeht...möchte sie nicht Zahnarzthelferin werden???...  Wie geht es denn voran mit dem deutsch? Mein Mann und ich haben uns zuvor nur englisch unterhalten und es fiel uns total schwer auf deutsch umzuschalten. Vor allem war es mir immer zu umständlich etwas zu erklären. Doch plötzlich haben wir deutsch gesprochen, ganz unbewusst kam das auf einmal.
Bevor ich das nehme, was ich kriegen kann, warte ich lieber darauf, bis ich das bekomme, was ich haben will!!!
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Re: Tagebuch eines tun. Azubis in D.
[Re: Jule1980]
#217063
02/09/2007 21:18
02/09/2007 21:18
|
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878 Ruhrpott
Jule1980
OP
Mitglied*
|
OP
Mitglied*
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878
Ruhrpott
|
Kapitel 2- Start im Betrieb
Nun habe ich schon 2 Tage im Betrieb, also im Krankenhaus, gearbeitet. Es war ziemlich ruhig und stressfrei. Der Einstieg fiel mir relativ leicht, da ich ja die meisten Leute schon kenne. So habe ich am ersten Tag u.a. Gemüse für Suppe geschnitten und bei der Verteilung des Abendessen geholfen. Heute habe ich bei der Fleisch- und Soßenvorbereitung geholfen- nun ja so lange bis meine Frau mich zum rote Grütze kochen verdonnert hat. Also bisher geht es mir noch ganz gut, nur einen Dienstplan habe ich noch nicht. Bin schon gespannt was mich morgen so erwartet.
Bis demnächst...
Bevor ich das nehme, was ich kriegen kann, warte ich lieber darauf, bis ich das bekomme, was ich haben will!!!
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Re: Tagebuch eines tun. Azubis in D.
[Re: Jule1980]
#218812
14/09/2007 18:31
14/09/2007 18:31
|
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878 Ruhrpott
Jule1980
OP
Mitglied*
|
OP
Mitglied*
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878
Ruhrpott
|
Kapitel 3- erste Niederlagen
So, nun habe ich 2 Wochen Betrieb geschafft und ich bin ein wenig enttäuscht. Ich kannte meinen Meister ja schon vor meiner Ausbildung und fand ihn eigentlich ganz nett. Doch nun hat sich das Blatt gewendet. Ich werde wie der letzte Dreck behandelt. Alle gehen jede halbe Stunde rauchen oder Pause machen, mir wird meine Pause verboten. Zudem ist meine Arbeitszeit von 6:50 bis 15:00 Uhr. Meistens fange ich um 4:30- 5:00 Uhr an bis 15:00 Uhr und muss dann 17:00 Uhr bis 21:00 oder so wiederkommen, zum Partys ausliefern. Da meine Frau im selben Betrieb arbeitet, weiß ich das der vorherige Lehrling nicht so ausgenutzt wurde. Eigentlich finde ich das arbeiten auch nicht schlimm, aber das alle anderen alle 30 min. alles stehen und liegen lassen, um zu rauchen und mir meine Pause verboten wird, finde ich nicht fair. Heute der Spruch war das allerletzte. Ich sagte zu meinem Meister, dass ich in Pause gehe. Er hielt mich zurück und meinte: Du machst Ramadan, du brauchst keine Pause. Offiziell stehen mir für diesen Monat 10 freie Tage zu, bis jetzt hatte ich 3. Mein Meister meinte, das würde reichen. Na ja, ich bin seit 2 Wochen Lehrling. Letztens hieß es: Mach 10 kg Kartoffelgratin. Tja, das habe ich noch nie zuvor in meinem Leben gemacht. Ich fragte: Wiedenn? Die Antwort war: Na einfach Kartffelgratin. Oder: Mach 30 kg Spätzle fertig. Ich bin also los und habe aus dem Lager Spätzle geholt und in kochendes Wasser geschmissen. Das war falsch und warum? Weil in einem anderen Lager schon vorgekochte Spätzle waren. Und woher sollte ich das wissen? Und so geht das den ganzen Tag.
Meine Frau meinte ich soll zum Chef gehen, aber ich will ja nicht als Petze gelten, der sich wegen jeder Kleinigkeit aufregt. Aber lange mache ich das auch nicht mehr mit. Am liebsten würde ich kündigen. Ich wusste, dass eine Ausbildung nicht einfach sein wird, aber sowas hätte ich nicht erwartet.
Na ja, noch 2 Tage und dann habe ich wieder Schule. Mal schauen, was es da wieder zu berichten gibt...
Bevor ich das nehme, was ich kriegen kann, warte ich lieber darauf, bis ich das bekomme, was ich haben will!!!
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Re: Tagebuch eines tun. Azubis in D.
[Re: Jule1980]
#218824
14/09/2007 19:09
14/09/2007 19:09
|
Joined: Apr 2006
Beiträge: 6,893 DE: NW
Frogger
Mitglied*
|
Mitglied*
Joined: Apr 2006
Beiträge: 6,893
DE: NW
|
"Lehrjahre sind keine Herrenjahre", so sagt man es, und ein Lehrling wird gerne ausgenutzt (warte erstmal, bis Du auf eine typischen branchenübichen Scherz hereinfällst <g>). Aber es gibt natürlich Grundsätze, die nicht, zumindest nicht ernsthaft, übertreten werden dürfen, und die sind gesetzlich festgelegt. Falls es ein kleiner Betrieb ist, der keinen Vertrauensmann hat, dann kannst Du natürlich, bewaffnet mit Sachlichkeit und korrekten Schilderungen, den Chef direkt ansprechen, ist das nicht möglich, so wird die Gewerkschaft (ein guter Grund, dort Mitglied zu sein), bestimmt mit Tat, zumindest aber mit Rat, helfen können. Basiert allerdings das Unwohlsein hauptsächlich auf eigenen enttäuschten Erwartungen, dann mag der Wechsel des Ausbildungsplatzes (durchaus in derselben Branche) die einzig richtige Wahl sein - denn ein solches Unwohlsein wird sich im Laufe der Zeit eher verstärken, denn vermindern. Zuvor allerdings sollte man ernsthaft in sich gehen und versuchen, zu ergründen, ob die eigene Vorstellung überhaupt realitätsnah ist ("Realitätscheck") und nicht vielleicht gegebenenfalls erst einmal dort ein Drehen am einen oder anderen Schräubchen erfolgen sollte. :-)
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Re: Tagebuch eines tun. Azubis in D.
[Re: Frogger]
#218835
14/09/2007 20:18
14/09/2007 20:18
|
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878 Ruhrpott
Jule1980
OP
Mitglied*
|
OP
Mitglied*
Joined: Jul 2007
Beiträge: 2,878
Ruhrpott
|
Ich sage meinem Mann ja auch immer: Lehrjahre sind keine Herrenjahre, und das er sich ein dickes Fell anschaffen muss und in ein Ohr rein und aus dem anderen wieder raus. Aber da ich ja persönlich sehe, was da abgeht und weiß, dass es bei anderen Azubis nicht so war, mache ich mir natürlich so meine Gedanken. Ich bin sicher, dass eine Pause rechtens ist. Bei mir sind es 50 min. am Tag, da wir alle die gleiche AZ haben, müsste es bei ihm auch so sein. Einmischen will ich mich nicht, denn sonst heißt es, mein Mann kann nicht sprechen oder hat keine Meinung oder so und außerdem muss er da allein durch. Manchmal frage ich mich ob es daran liegt, dass er Ausländer ist. Wir sind ein riesen Betrieb, versorgen 4 Krankenhäuser, dazu noch Bistros und Cafeterias, ca. 2100 Essen am Tag und dazu haben wir noch einen sehr großen Catering. Das heißt mit Bedienungen, Zeltvermietung, top Essen und allem drum und dran. Dafür gibt es nur einen Chef, der aber eigentlich von all den Problemen unter den Mitarbeitern nichts mitbekommt.
Aber ich habe zu meinem Mann gesagt, wenn es in den nächsten Wochen nicht besser wird, soll er einfach den Chef auf doof fragen, ob ihm eine Pause zusteht und ob er sich Überstunden aufschreiben darf. Ich denke er sollte auch als Lehrling ruhig mal den Mund auf machen und seine Meinung sagen. So geht es nun mal nicht. Und wenn er immer alles mit sich machen lässt, wird es nicht besser.
Mein Mann hat Angst zum chef zu gehen, denn wenn sein Meister dann Ärger bekommt, oder halt gesagt bekommt, er soll mit ihm nicht so umgehen, dass er es dann erst recht an ihm auslässt.
naja und wenn er seine gesetzlich vorgeschriebenen freien Tage nicht bekommt, kann eer das vielleicht auch in der Beruffschule ansprechen, da lernen sie ja auch noch das Ausbildungsgestz kennen.
Bevor ich das nehme, was ich kriegen kann, warte ich lieber darauf, bis ich das bekomme, was ich haben will!!!
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Re: Tagebuch eines tun. Azubis in D.
[Re: Jule1980]
#218849
14/09/2007 22:14
14/09/2007 22:14
|
Joined: Jul 2002
Beiträge: 1,735 Löwengrube
Martha
Mitglied
|
Mitglied
Joined: Jul 2002
Beiträge: 1,735
Löwengrube
|
1. ich würd die probezeit abwarten, bevor ich den mund aufmache, in der probezeit kündigung grundlos fristlows, dann hat er ein problem. dann würd ich erst mal den meister selbst ansprechen, wenn der sich nämlich übergangen fühlt, hat er ein paar nette jahre vor sich. ich würd ihn fragen, was ich falsch mache, und was er anderes von mir erwartet. am besten, wenn jemand dabei ist. so zwischendurch..
für einen tunesier ist die art, wie in der gastro hier miteinander umgegangen wird, sicher sehr schwierig, aber er hat ja ein ziel, und das soll er nicht aus den augen verlieren.
wem der schuh paßt, der zieht ihn sich an
|
|
|
|
 |
 |
 |
 |
|