...Aus einer toleranten Gesellschaft hat sich eine extrem feindliche Stimmung entwickelt. Man ist überrascht und kann nicht fassen, dass man diese Stimmung überall zu spüren bekommt. Man kann nicht verstehen, warum die Medien auf extreme und intensive Art und Weise die "Nachteile" des Islams ins Visir nehmen...

Nein, so ist es nicht, denn konservative Christen würden genau dieselbe Berichterstattung erhalten, und dasselbe trifft auf christliche Sekten zu.
Der Islam hat etwas von beidem, und das ist des Pudels Kern, nicht der Glaube und nicht die Ausübung des Glaubens an sich, sondern der Einfluß, den die Religion auf das tägliche Leben in einem säkularen Staat ausübt und der mit unserer aufgeklärten Gesellschaft und heftigst kollidiert. Und übrigens findet diese Kollision nicht nur hier statt, sondern auch in den Ursprungsländern, wo ein Riß durch die junge und alte Bevölkerung läuft, der täglich größer wird. Nicht nur, und nicht einmal führend in Tunesien, dasselbe geschieht in der Türkei, in Marokko, in Thailand, in Indonesien, und sogar in Ägypten. Und diese Risse wären noch viel größer, wenn sich in diesen Ländern ein ebensolcher Prozentsatz an christlichen "Gastarbeitern" aufhalten würde, wie dies mit Moslems in Deutschland der Fall ist.
Der Anstoßpunkt ist nach wie vor die geringe Toleranz, die Muslems den Nicht-Muslims entgegenbringen, insofern kann man nicht von Gleichheit sprechen, und dies ist das Bewußtsein, daß auch z.B. Deutsche zunehmend Abstand von der Multi-Kulti-Idee gewinnen läßt.
Die Idee, daß Bewohner von Ländern eher in den eigenen Ländern verbleiben sollten und dort versuchen sollten, ihre Lebensumstände zu verbessern, ist richtig, und dies wird mit nennenswerten Summen an Entwicklungs- und Wirtschaftshilfe gefördert (auch Deutschland, ebenso wie andere EU-Staaten, gibt dafür nicht wenig Geld in Tunesien aus). Es wäre in der Tat wünschenswert, daß sich Einwanderer (und das sind sie de facto ja, nicht nur Gäste für einige Zeit) mehr darum bemühen, sich in die sie umgebende Gesellschaft zu integrieren. Es geht hier, noch einmal, nicht um Christ. Moslem, Buddha oder Jude, sondern vielmehr um die aktive Teilnahme in einer aufgeklärten und säkularen Gesellschaft, in der religiösen Vorschriften nur noch im privaten Kämmerchen einen Einfluß zugestanden werden kann.