Nachdem ist hier so verschiedene Berichte gelesen habe, wollte ich nun doch auch meinen Reisebericht aus Tunesien als alleinreisende Frau veröffentlichen.

Vielleicht ist es noch wichtig das ich seit mehren Jahren mit Migrantinnen in einer Beratungspraxis arbeite und mir deshalb Traditionen, verschiedene Kulturen, religiöse Hintergrunde und leider auch die Abgründe nicht unbekannt sind. Zusätzlich unterrichte ich Selbstverteidigung und Selbstbehauptung und war auch schon in mehreren patriachalen Ländern, mit und ohne Begleitung unterwegs.

In Tunesien war ich im Frühjahr mit meiner Mutter (70 Jahre und Schwerbehindert) in einem Hotel in Sousse und wir haben uns beide über die Angestellten des Hotels amüsiert. In den ersten 3 Tagen meinte doch jeder Kellner etc. mal vorsichtig anfragen zu müssen, ob ich mich nicht mit ihm in einer Bar, Diskothek oder was auch immer, treffen möchte. Sehr angenehm war, das bei jeder klaren und sehr deutlichen Absage, sie sich unverzüglich höflich zurückgezogen haben. Am dritten Tag habe ich dann die Rezeption gebeten doch bitte im Hotel kundzutun, das ich kein Interesse an einer wie auch immer gearteten Begleitung hätte. Weder ich noch meine Mutter. Trotz Lacher hatte ich ab diesem Tag meine Ruhe und regelmäßig Blumen auf dem Zimmer. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht herauszufinden von wem. Sonst habe ich mit meiner Mutter viele Touren mit dem Taxis zu den traditionellen Touristenplätze um und in Sousse unternommen und wir haben uns sehr wohlgefühlt. Auch wenn wir an Orten waren, wo sonst keine Touristen waren, haben wir uns immer sicher gefühlt. Wenn ich alleine am Strand entlang gegangen bin, war es etwas nervig, an den ersten Tagen, da jeder rumsitzende Mann meinte mir Angeboten machen zu müssen. Aber und das kenne ich aus anderen Länder anders, bei deutlichen und klaren Absagen, verschwinden sie sofort und ohne Theater. Meisten begrüßte ich sie mit den Worten (auf English, das konnten alle am schlechtesten und ich war im Vorteil): „Danke, ich will nichts kaufen, will keine Unterhaltung und keinen Sex. Und ich wünsche dir noch einen schönen Arbeitstag.“ Entsetzte Gesichter, Irritation und nach dem ersten Mal kannte man sich dann schon und ich wurde in Ruhe gelassen. Auch diese Zeiten am Strand waren dann angenehm. Es gab noch keine bewachten Strände, außerhalb der Saison.) Die 14 Tage waren für uns sehr gelungen.

Was dann auch zur Folge hatte, das ich im Juli ungeplant, alleine und relativ spontan ein Ferienapartment in Sousse gemietet habe. Da ich eine Frau hier kenne, die dort Verwandte hat, war es kein Problem privat und auf meinem Wunsch außerhalb der touristischen Meile zu mieten. Die entfernten Verwandten (Frauen) meiner Bekannten haben mich abgeholt und zum Apartment gebracht, mit mir Sprechübungen gemacht, damit die Taxifahrer den Stadtteil verstehen (Wichtig, ds sie Touris sonst immer nur zum Hotel fahren, waren sie immer leicht irritiert.), und mir Einkaufsmöglichkeiten und Familencafes gezeigt, die Bus und Bahnstationen. Ich bin selten so freundlich von Frauen und der Familie aufgenommen worden und in die Kultur eingewiesen worden. Oder Verpflichtungen, oder Einengungen. An einem Tag! Vielleicht ist es noch wichtig zu wissen, das in dieser Familie viele im Ausland studiert haben, die Frauen wie die Männer als Ärztinnen arbeiten, oder bei großen IT Firmen. Obwohl wir uns wenig gesehen haben, da ich einfach viel unterwegs war, sie auch arbeiten und ich nicht wollte, das sie das Gefühl haben sich um mich kümmern zu müssen. Ich war für die Einweisung schon sehr dankbar. Ich bin alleine mit den Zug nach Tunis gefahren, habe mir die Medina angesehen, Mahdia, el Dijem, (Lybien hat nicht geklappt, zu teuer) das Festival bei Tabarka etc. ich habe viel erlebt, aber meistens nur schöne, nette und lustige Sachen. Vor allen Dingen, da ich kein Französisch spreche. In dem Stadtteil bin ich beim Einkaufen und Taxi organisieren nie!!!! angemacht worden oder betrogen. Ich habe mich allerdings auch nicht in die Männercafes gesetzt und mich auf die Familiencafes konzentriert. Habe keine Miniröcke getragen und achte darauf das ich Berührungen vermeide und auch sofort reagiere wenn, vielleicht auch nur zufällig, ich berührt werde. Eine Berührung von einem fremden Mann bin ich in arabischen, afrikanischen Ländern nicht bereit zu akzeptieren oder zu tolerieren. Habe weder mit Handy, noch mit Videocam geprotzt. Ich bin nie in und an der Wohnung, oder in den Sammelbussen, Überlandbussen, Zügen belästigt worden. Ganz in Gegenteil, je enger es wird, deso mehr Abstand wird eingehalten. Auch mit dem gemieteten Wagen war das Autofahren kein Problem, sobald ich aus der Stadt war.

Ausnahme: Die Meilenzone um die Hotels!!!! Im Sommer war es mir nicht mehr möglich alleine am Strand zu gehen, oder in einem Familiencafe zu sitzen. All das was mir nicht im Stadtteil im tiefsten Sousse passiert, passiert mir in der Tourismusecke. Nachdem ich es 2 mal versucht habe an einem bewachten !!!! Strand zu liegen und dann die Security an meinem Handtuch hatte, dreist und unverschämt, habe ich aufgegeben und die Meilenzone gemieden. Ich habe mir dann bei einem größeren 5* Hotel eine Liege gemietet, unter der Hand mit dem Manager ausgemacht. Und dann ging es auch wieder. Außerhalb der touristischen Meilenzone bin ich immer mit Respekt / abstand behandelt worden und habe mich als europäische Frau auch sicher gefühlt. Ich war allerdings auch in keiner Disko und Abends nicht bei den Hotels, sondern auf meiner Terrasse und habe die Nachbarn (Frauenwohngemeinschaft, traditionelle Familien, tunesische Urlauber aus Deutschland und Frankreich usw.) beobachtet und mir mit Wein und Buch schöne Abende gemacht. Mit / bei der Familie 4 Mal essen und auch das war ein netter Austausch. Mein Gefühl im Stadtteil war eher, das die Männer geköpft werden, wenn sie sich bei der sozialen Kontrolle daneben benehmen.
Zum Elend, Dreck und Müll kann ich nur sagen, das ich dieses Land ,außerhalb der Touristenmeile, ziemlich weit entwickelt finde, für ein afrikanisches Land. Und ich muss gestehen das ich hier in unseren Großstädten mehr muslimisch traditionell gekleidete Frauen auf der Strasse sehe, als dort im Stadtteil. Und hier meinen die Frauen das sehr ernst. Dort habe ich oft, trotz Kopftuch, noch jede Menge Haare zu sehen bekommen. Mein Fazit, Tunesien lohnt sich, wenn Frau die Hotelmeile meidet. aufpassen, vorsichtig ist, Wissen hat wie in muslimischen Ländern der Hase läuft und keine Kardinalsfehler begeht ist ein interessantes Reiseland. Und die Männer.. ? Die brauchen klare Anweisungen sich fern zu halten. Das schöne in Tunesien war, die halten sich dran. In Italien oder Jamaika muss Frau das dann aus diskutieren, in Afghanistan wird es ignoriert und so weiter. Das sie versuchen mit mir als Europäerin Geld zu machen kann ich verstehen, denn in ihren Augen bin ich reich. Nur ob sie damit Erfolg haben liegt an mir. Es ist ein patriachales, hierarchisches und Männerdominiertes Land, Tourismus geschädigt und mit einer nicht europäisch (aber verwestlichten) Kultur, islamischer Religion und einer Tendenz zum Polizeistaat. Mit Frauen- und Menschrechtsverletzungen. Wie so viele Länder auf dieser Welt.

Trotzdem : Ich kann und werde meine Werte, Traditionen und Kultur nicht als Maßstab anlegen, sondern nur meinen Maßstab für mich, ob ich dieses Land als Frau bereisen kann und ob ich für mich Neues und Interessantes erfahre, mich wohlfühlen kann. Und das heißt auch nicht, das ich Frauenrechtsverletzungen akzeptiere und die Augen verschließe. Aber ob dieses Land für jede etwas ist, muss auch jede für sich entscheiden. Vielleicht komme ich ja mal wieder und versuche noch weitere nicht Touristische Ecken zu entdecken, solange es sie noch gibt.