Wenn auch ziemlich spät, darf ich trotzdem zu diesem Thema meinen Senf geben? Ich kopiere euch gerne meinen Text zum Thema "Schlagen" in meinem neuen Buch "Mit arabischen Grüssen":


SCHLAGEN
Mit Sicherheit schlagen gleich viele deutsche Männer ihre Frauen wie tunesische. Und wie es in Europa strafbar ist, so ist es auch in Tunesien – heute – nicht mehr erlaubt, seine Frau zu schlagen. Sie kann erfolgreich Anzeige erstatten. Abgesehen davon sind heute die meisten südtunesischen Familien von dieser Tradition abgekommen. Tradition, weil es tatsächlich in früheren Zeiten üblich war, seine Frau zu schlagen, wenn sie nicht tat, was der Mann wollte oder wie er es wollte. Aber bitte schön, auch das ist keine arabische Erfindung, sondern Teil einer langen Geschichte der zwischenmenschlichen Beziehungen. Frauen wurden schon immer als das schwächere Geschlecht angesehen und auf der ganzen Welt misshandelt. Wenn ein Moslem sich auf den Islam beruft, dann sollte er im gleichen Atemzug die Bedingungen erwähnen, unter denen ein Mann seine Frau schlagen dürfte. Der Islam hat uns Arabern diese weltweit existierende Tendenz zur Gewalt verboten, indem er uns einen symbolischen Schlag, also ein ganz feines Berühren mit einem unbedenklichen Gegenstand erlaubt. Und auch das natürlich, nur wenn genug Grund dafür da war und der Mann sich als perfekter Moslem bezeichnen kann, also seine Frau nicht betrügt, sie nicht finanziell hintergeht, nicht auf ihre Kosten lebt, nicht trinkt, täglich betet und und und. Wer kann das heute von sich behaupten? Das war zu jenen alten, vergangenen Zeiten, wo die Araber tadellos, gottesfürchtig, korrekt und gerecht waren.

Diese Zeiten sind vorbei und somit auch das Recht, seine Frau auf diese Art zu Recht zu weisen. Wenn heute in einer Beziehung, die vom Morgen bis Abend aus lauter Krach, Streit und Meinungsverschiedenheiten besteht, ein Grund zum Schlagen da ist, dann sicherlich auf beiden Seiten. Wir hätten einen Dauerkrieg zwischen Mann und Frau. Und wenn die Frau – in Europa wie in Tunesien – nicht geschützt wäre, dann würde sie täglich einer physischen Gewalt ausgesetzt sein.

Leider meinen europäische Frauen, sie müssten es hinnehmen, wenn ihr tunesischer Mann sie schlägt. Eine Tunesierin lässt das nicht mit sich machen. Aber wie will denn eine europäische Frau, die anscheinend in Tunesien von ihrem Mann eingesperrt und geschlagen wird, sich auf Rechte und Gesetze beziehen, wenn sie nicht ein mal weiss, wo die nächste Polizeistation ist. Wieso nimmt sich eine Europäerin keine Zeit, die Regeln und Sitten näher zu kennen, bevor sie heiratet? Wieso überstürzt eine Europäerin alles? Hat sie Angst, ihr Geliebter würde sie schnell wieder verlassen? Ist das die Basis für ein gemeinsames Leben?

Schlagen ist in der tunesischen Gesellschaft sogar von jenen Leuten verpönt, die es zu ihrer Jugendzeit taten. Grosseltern fangen an, ihre Enkelkinder daran zu erinnern, dass es nicht gerecht ist, seine Frau zu schlagen. Gespräch und Schlichtung ist heute auch in Südtunesien üblich.
Oft sind aber mit dem Schlagen andere Faktoren im Spiel: Alkohol, Frust, Unzufriedenheit, Ziele, die man nicht erreicht hat, Wege, die man nicht findet, finanzielle Sorgen.

Seine europäische Frau in Tunesien einsperren bedeutet, man will die Partnerin der Öffentlichkeit entziehen. Wieso? Weil ein Mann fürchtet, seine Frau werde von einem anderen Tunesier verführt. Tunesier verführen nur europäische Frauen. Also hat ein Mann, der seine Frau schlägt und sie einsperrt nur Angst, dass sie einem anderen Tunesier in die Arme fliegt. Die Angst ist berechtigt, denn wie hatte dieser Tunesier damals seine heutige Frau kennen gelernt? Am Strand, in der Disko, im Restaurant…

Die Angst ist berechtigt. Das Schlagen hingegen ist eines Mannes nicht würdig!

Arabischer Freund!
Du solltest wissen, dass Schlagen in der Schweiz zum Beispiel ein so genanntes Offizialdelikt ist: es braucht keinen Kläger, lediglich einen Zeugen, und schon ist der Kadi – der Richter – da. Aber mal ehrlich: unsere Grossväter haben unsere Grossmütter geschlagen, es war damals halt trotz des Verbots durch den Islam fälschlicherweise geduldet. Aber war es nicht immer schon ein Zeichen von Schwäche des Mannes, von Argumentationsunfähigkeit? Und wer heute in einem arabischen Land seine Frau schlägt, wird auch nicht mehr straffrei davon kommen. Allein auf unser Temperament, unser „heisses Blut“ dürfen wir die handgreifliche Reaktion auf ein Wort oder eine Tat unserer europäischen Partnerinnen nicht stützen!

Und pass auf, wenn du dich bei der Absicht, deine Frau zu schlagen, auf den Islam und den Koran berufst, lies dort genau, wie die Formulierung lautet: „Ermahnt sie, meidet sie, dann schlagt sie.“ Wenn du dich also nach der islamischen Regel verhalten willst, dann ermahne erst mal deine Frau, dann vor allem, schaffe es, sie zu meiden, damit ist die körperliche Nähe gemeint. Und denk an den Hadith des Propheten, der seinen Männern sagte: „Wie könnt ihr eure Frauen schlagen und euch nachts zu ihnen ins Bett begeben?“

Schlagen käme erst dann, wenn man nichts mehr sagen will oder kann. Aber was macht man dann noch bei seiner Partnerin, wenn das Reden zu Ende ist? Man muss vor dem Schlagen gehen, nicht danach!


Amor