Hier noch ein interessanter Artikel:

"Knochen im Hals der amerikanischen Kreuzritter"
In Tunesien geht wieder das Gespenst von Djerba um / Schwere Gefechte mit Terroristen / Brotkauf verrät die Gruppe  
 
Vom 10.01.2007
 
Von Hanns-Jochen Kaffsack
 
TUNIS Das Gespenst von Djerba ist in Tunesien wieder aufgetaucht. Knapp fünf Jahre nach dem folgenschweren Terroranschlag auf die Synagoge der beliebten Ferieninsel mit 21 Toten (darunter 14 Deutsche) schrecken wiederholte blutige Gefechte zwischen Islamisten und der Staatsmacht die Tunesier auf - sofern sie von all dem, was sich unweit der Hauptstadt Tunis abspielt, überhaupt etwas mitbekommen. Denn das von Staatschef Zine El Abidine Ben Ali (70) so autoritär-polizeistaatlich kontrollierte Touristenparadies kennt noch keine offene Informationspolitik. Und es soll vermieden werden, dass Urlauber wegbleiben oder Tunesien als unsicherer Kantonist erscheint.
 
Nur bruchstückhaft kommt zu Tage, was sich Ende Dezember und Anfang Januar bei zwei wilden Schießereien einige Dutzend Kilometer südlich von Tunis abgespielt hat. Offiziell rückten die Gendarmen, Soldaten und andere Sicherheitskräfte zuhauf gegen eine Bande "gefährlicher Krimineller" vor, töteten zwölf von ihnen und verhafteten 15. Hinter den Kulissen ist allerdings von 25 Toten bei schwersten Einsätzen die Rede. "Gefährliche Kriminelle", das können Waffen- oder Drogenhändler sein.
 
"Gut unterrichtete Kreise" verrieten unterdessen der Zeitung "Le Temps", dass es sich sehr wohl um einen Großangriff auf bis an die Zähne bewaffnete islamistische Zellen gehandelt hat: "Sie arbeiteten im Rahmen eines Terrorplans an der Destabilisierung des Maghreb und wollten Gewalt in wirtschaftliche und touristische Einrichtungen des Landes tragen." Die Tageszeitung "Chourouk" fand heraus, dass die aufgespürten Terroristen fit im Guerillakampf waren. Unter den Männern waren nicht nur Tunesier, sondern auch mehrere Ausländer.
 
Das von der Polizei ruhig gehaltene Land zwischen Algerien und Libyen als neuer Schauplatz für das Terrornetz El Kaida, das schon in Djerba im April 2002 die Finger im Spiel hatte? "Der Maghreb erfasst von der terroristischen Ansteckung", analysiert der Pariser "Figaro" und verweist auf die immer engeren Bande zwischen der islamistischen algerischen Terrorgruppe GSPC (Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf) und kampfbereiten "kleinen Kriegssoldaten" in anderen Ländern Nordafrikas.
 
El-Kaida-Ideologen haben die Salafisten aufgerufen, "zu einem Knochen im Hals amerikanischer und französischer Kreuzritter zu werden". In Algerien ohne Rückhalt in der Bevölkerung, sucht eine neue GSPC-Generation die Nähe zu El Kaida und "internationales Terrain".
 
Wie direkt die berüchtigten algerischen Salafisten tatsächlich jetzt nicht nur Beziehungen zu "Kampfgenossen" in Marokko aufbauen, sondern auch in Tunesien, bleibt damit zwar noch unklar. Tunesische Blätter sprechen allerdings unüblich offen von etwa 30 "Islamisten salafistisch-radikaler Tendenz", gegen die man in Hammam-Lif und in Solimane vorgegangen sei. Mehr als 40 Brote hatten die "kriminellen Elemente" täglich gekauft und waren so einem Bäcker aufgefallen. In einem Polizeistaat wie Tunesien war dies ein folgenschwerer Fehler.