...wenn du einen Muslim heiratest, muss du doch nicht automatisch...
Yuliya, Du hast in Deinem Satz eines vergessen, was den Inhalt und die Bedeutung wesentlich ändert, dies wird auch im Forum durchweg so getan. Du mußt nämlich vor das Wort "Muslim" das Wort "gläubig" setzen, nur dann bezeichnest Du das, was Du wirklich meinst (obwohl das in der engen Auslegung ja nicht der Fall sein sollte, da ein Muslim quasi per definitionem gläubig ist). Ich denke, was viele Leute oder sogar generell "der" Westen hier falsch macht, ist, das eine mit dem anderen identisch zu setzen, was ich nach meiner persönlichen Erfahrung absolut nicht bestätigen kann, das wäre ebenso, als "den Westen" als christlich zu bezeichnen (und damit "gläubiger Christ") zu meinen, was aber, wie Du warscheinlich selbst bestätigen kannst, eine völlig falsche Darstellung und Wahrnehmung der Realität ist.
Ich denke mittlerweile vielmehr, wie ich es auch schon früher schrieb, daß die Religion sozusagen als "safe house" bei jeglicher Diskussion dient, und auch als reiner Platzhalter benutzt wird (was ja auch in anderer Richtung, wenn auch selten, so gemacht wird, doch man schaue einmal in die USA, da ist es viel deutlicher). Sicherlich kann man da auch Ähnlichkeiten im Sektenwesen (das meist christlichen Ursprungs ist) erkennen, was die Verschiedenheiten in der Sache eher marginal, die Gemeinsamkeiten in der Technik aber deutlicher zu erkennen gibt.
Und wäre die Religion dieselbe, so würden dennoch fast sämtliche Unterschiede fortbestehen (siehe Libanon, siehe Ägypten, siehe Äthiopien), die Ursache des ganzen Problems geht tiefer - tiefer als Traditionen und tiefer als Religionszugehörigkeit und manifestiert sich im Prinzip als Prägung, die durch Sozialisation unter unterschiedlichen wirtschaftlichen und (daraus folgenden, nicht umgekehrt) sozialen Bedingungen entstanden ist.
Die Diskussion über die religiösen Differenzen stellt sich für mich als der Versuch dar, allein an den Symptomen zu laborieren.
Damit sind natürlich nicht diejenigen gemeint, die aus sich heraus einen tiefen und starken Glauben entwickelt haben, doch dies sind, auf der einen, wie auf der anderen Seite, nur wenige (worauf ja gerade der Missionswille hindeutet, der ansonsten kaum eine Bedeutung hätte).
Aber naja - dieses Thema kann man immer wieder hin- und herschaufeln und wird keine Annäherung und keine Lösung finden (eben weil es so ist, wie ich beschrieben habe), ich wollte es nur noch einmal in Erinnerung rufen, daß der Mittelpunkt der Mensch ist, und daß jedwede Religion den Menschen nur dann verändert, wenn dieser es auch will und geschehen läßt. Das Eindringen in die Gedankenwelt eines anderen mag interessant sein und dem anderen ein Signal setzen, daß man um Annäherung bemüht ist, doch an der Sachlage wird es im Normalfall nichts ändern (siehe dazu auch in anderes Thema, wo es um Kompatibilitäten ging), weil die Religion eben nur ein Mäntelchen ist, doch nicht der Kern der Sache (das ist allein der jeweilige Mensch).