Hallo,
ich weiß, dass ihr hier kaum etwas von meiner Beziehung mitbekommen habt. Das hatte mehrere Gründe - unter anderem den, dass ich mein Privatleben ungern vor breiterem Publikum offen lege.
Der Grund, weshalb ich jetzt hier schreibe, ist der, dass ich den Wunsch habe, mir einiges von der Seele zu tippen.
Ich bin mehr als anderthalb Jahre mit meinem Freund zusammen gewesen. Wir haben uns in diesem Zeitraum viermal gesehen, täglich telefoniert, e-Mails und Briefe geschrieben. Ich war und bin sehr verliebt, hänge an ihm wie ich an keinem anderen vorher gehangen habe.
Wir waren den größten Teil dieser Zeit über sehr glücklich. Über die Möglichkeit, er könne mich belügen, betrügen o. ä. habe ich zwar nachgedacht, bin aber sehr früh schon zu dem Schluss gekommen, dass ich das schlicht nicht nachprüfen kann und deswegen keine Energie darauf verschwenden sollte. Bis heute hatte ich auch nie Grund, ihm zu misstrauen.
Dennoch ist diese Beziehung immer schwieriger geworden. Pläne sind ins Wasser gefallen, andere wurden geschmiedet, und im Endeffekt ließ sich unsere räumliche Distanz nur durch Träume und Wünsche überwinden. "Wir heiraten im Mai." - "Ja. Und dann ist alles anders, dann sind wir endlich wirklich zusammen."
Aber jede Kraft hat ihre Grenzen; sein Stress während des Ramadans auf der Arbeit, meine stärkere Eingebundenheit in mein Abitur haben uns vor Differenzen gestellt. Ich bin unsicher geworden, wir hatten einige Zusammenstöße, in deren Verlauf er versucht hat, mich in meinem Leben hier einzuschränken, mir Dinge zu verbieten. Ich habe angefangen nachzudenken.
Und bin nun vorgestern zu dem Entschluss gekommen, von dem ich befürchte, dass er die Aufgabe all meiner Träume und Ideale von Liebe, die alle Hindernisse überwindet, zerstört hat. Ich habe unsere Beziehung beendet. Es hat mir so unendlich weh getan, vor allem weil ich weiß, dass, wäre er hier oder ich dort, alles anders ausgegangen wäre. Ich fühle mich, als hätte ich aufgegeben, als wäre ich der größte Feigling, den diese Welt je hervorgebracht hat.
Aber das Risiko, dass wir, wenn wir heiraten, irgendwann wieder auseinandergehen, das kann ich nicht eingehen. Eine Scheidung wäre sowohl für ihn als auch für mich eine noch viel größere Katastrophe, geschweige denn von den Kindern, die wir bis dahin vielleicht hätten. Ich kann nicht, um mit ihm zusammenbleiben zu können, einen Bund eingehen, der ewig sein soll, wohl wissend, dass er es vielleicht nicht sein wird. Ich kann ihm nicht "Ja." sagen, wenn ich mich eigentlich frage, wie lange dieses "Ja." denn wohl dauern wird.
Es tut mir so unendlich leid. Ich weiß, dass er es nicht versteht. Er hat mich immer wieder um Geduld gebeten. Und ich hätte sie ja auch, wenn ich nicht solche Angst gehabt hätte.
Zuletzt bleibt mir nur noch, zu hoffen, dass diese Entscheidung richtig war, dass er es übersteht und irgendwann auch versteht. Ich hoffe und bete, dass dieser Weg der richtige ist.
Ich weiß noch nicht, wohin mit dem Schmerz. Ich habe es auch noch nicht geschafft, seine Fotos abzunehmen, und ich werde noch sehr lange abends daheim sitzen und mich zwingen, nicht zum Telefon zu greifen.
Er wird das hier nie lesen. Trotzdem: Verzeih mir, Habib. Ich wünsche dir nur das Beste und hoffe, dass du irgendwann an unsere Zeit wirst zurückdenken können, ohne Wut, ohne Enttäuschung, ohne Traurigkeit.