Ich habe da ganz ähnliche Erfahurngen gemacht wie Ganouscha. Unsere Tochter ist letztes Jahr mit vier Jahren zum ersten Mal in Tunesien gewesen.

In weiser Voraussicht habe ich darauf bestanden, ein Hotel am Meer zu buchen - auch weil unsere Tochter ebenfalls anfällig für Bronchialerkrankungen ist und ihr die Nähe zum Meer besser tut als der Aufenthalt in einer stickigen Stadt im Landesinnern. Dennoch blieben natürlich die Zusammentreffen mit der Familie nicht aus. Alle herzten und küssten unsere Kleine, sie selbst konnte sich im wahrsten Sinne des Wortes nur mit Händen und Füßen wehren, da sie leider fast kein Arabisch spricht. Ihre "Abwehrversuche" wurden aber bestenfalls ignoriert. Es war irgendwann einfach nur noch lästig. Ihre Kusinen im Alter von 7 und 9 Jahren trietzten sie die ganze Zeit, ich wusste überhaupt nicht einzugreifen, da das ja gleich als Unhöflichkeit aufgenommen werden konnte. Mein Mann saß zwischen zwei Stühlen, da er einerseits mein Abneigung gegen dieses Verhalten kannte, andererseits aber seiner Familie nicht vor den Kopf stoßen wollte.

Was ich generell an der tunesischen Erziehung bemerkt habe, ist, dass die Kinder nicht als eigenständige Persönlichkeiten akzeptiert werden, ihre Wünsche und Rechte einfach nicht genügend respektiert werden, sondern sie eben so "mitgezogen" werden und irgendwie willenlos zu sein haben. Kann sein, dass ich das jetzt etwas überspitzt darstelle, aber der Unterschied ist schon gravierend.

Ich lege auch großen Wert auf ein bisschen Tagesrhythmus, d. h. meine Tochter hat regelmäßige Essens- und Schlafenszeiten, wodurch sie auch total ausgeglichen ist. Das erste Mal bin ich da bei meiner Schwägerin auf völliges Unverständnis gestoßen, als sie uns hier in Deutschland besuchte. In Tunesien selbst war es dann letztes Jahr noch viel schlimmer. Man wollte mich ständig eines besseren belehren, meiner Argumentation hörte man überhaupt nicht zu. Natürlich ist der Urlaub eine Ausnahmesituation und alles ist etwas anders als zu Hause. Aber da meine Tochter so an ihren Rhythmus gewöhnt war, wollte sie von sich aus nicht bis in die Puppen aufbleiben.

Eigentlich hatte ich nach jenen Ferien die Nase ziemlich voll von Besuchen bei der tunesischen Verwandtschaft. Auf der anderen Seite kann ich meiner Tochter diesen Teil ihrer Herkunft nicht komplett verweigern - zudem es ihr auch außer dem anstrengenden Besuch bei der Familie sehr gut in Tunesien gefallen hat.

Dieses Jahr haben wir nun sehr kurzfristig entschieden. Da unsere Tochter den Winter über sehr häufig hustete, war ein Klimawechsel einfach erforderlich. Da ich aber aus beruflichen Gründen nicht länger als eine Woche weg kann, sind mein Mann und unsere Kleine am Freitag schon nach Tunesien, ich reise am kommenden Freitag nach, so dass wir dann alle zusammen noch eine gemeinsame Woche dort verbringen. Eigentlich war ich nicht sehr glücklich mit dieser Lösung, aber zwei Wochen sollten es einfach für sie sein, und ich kann nur hoffen, dass sie sich dieses Mal, wo sie nun schon ein Jahr älter ist, etwas vehementer durchsetzt und auf der anderen Seite auch noch etwas mehr von Tunesien mitbekommt [Lächeln]

LG
Tanja