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Entführte Kinder kehren zur Mutter zurück

Ein 39-jähriger Vater hat drei bei seiner geschiedenen Frau lebende Kinder entführt - er wollte sie für immer in seine Heimat Tunesien bringen. „Seine Frau hätte ihre Kinder nie wieder gesehen“, sagt Rechtsanwalt Klaus-Dieter Heskamp, der die 26-jährige Mutter vertritt. Mit konsequentem und beispielhaften Vorgehen haben hannoversche Richter und Polizisten das verhindert und die Kinder zur Mutter zurückgebracht. Unter einem Vorwand hatte der 39-Jährige zunächst die zweijährige Tochter nach Tunesien gebracht. „Mein Mann sagte, er wolle mit ihr Urlaub in seiner Heimat machen“, berichtet die 26-Jährige, die für alle Kinder das alleinige Sorgerecht hat. Doch als die gebürtige Russin ihre Tochter am Flughafen abholen wollte, stand dort nur ihr geschiedener Ehemann. „Die Kleine siehst du nie wieder, die bleibt bei meinen Eltern“, soll er gesagt haben – und fuhr mit einem Taxi davon. „Ich habe versucht, bei meinen früheren Schwiegereltern anzurufen“, sagt die Mutter. Doch die hätten immer wieder aufgelegt. Mit ihrem Mann sei nicht zu reden gewesen. „Ich war verzweifelt“, sagt sie. Als sie einige Tage später mit ihren Söhnen, drei und vier Jahre alt, die Wohnung verließ, tauchte ihr ehemaliger Mann erneut auf. Er habe das Recht, seine Kinder zu sehen, erklärte er. „Ich hatte keine Chance, was sollte ich gegen ihn denn machen“, sagt die 26-Jährige. „Er erzählte den Kleinen, dass er mit ihnen nur ein Eis essen würde.“ Doch er nahm die Jungen mit – und kündigte seiner Frau später am Telefon an, auch sie nach Tunesien bringen zu wollen. In ihrer Verzweiflung ging die Mutter zu der Beratungsstelle Kobra, die eigentlich Opfer von Menschenhändlern betreuen. „So einen Fall hatten wir noch nie“, sagt eine Sprecherin. Da die Frau Russin ist und aus der Zeit in ihrer Heimat kein Vertrauen in die Justiz hat, vertraute sie sich den Sozialarbeiterinnen an. Die konnten sie überzeugen, dass sie einen Anwalt braucht und vermittelten zu Klaus-Dieter Heskamp. „Da es keine internationalen Abkommen mit Tunesien gibt, hätten wir die Kinder nie wieder nach Hannover bekommen“, erklärt der Jurist. Also musste er schnell reagieren. Noch am gleichen Tag reichte er Eilanträge bei Staatsanwaltschaft und Gericht ein – und abends stürmte die Polizei die Wohnung des 39-Jährigen, nahm ihn fest und brachte die beiden Jungen zurück zur Mutter. „Es wurde ihm klar gemacht, dass er so lange in Beugehaft bleibt, bis die Tochter zurück ist“, sagte Heskamp. Und das zeigte Wirkung: Der Tunesier verständigte seinen in Spanien lebenden Bruder, der flog zu den Eltern und brachte die Zweijährige wieder nach Hannover. Damit die Familie auch künftig zusammen bleibt, gibt es nun eine Ausreisebeschränkung für die Kinder – sie dürfen nur noch in Begleitung ihrer Mutter Deutschland verlassen. „Zudem liegen ihre Pässe an einem sicheren Ort“, sagt Heskamp.
Von Jens Hauschke