Hallo Steffi,

ich hab gerade mal in dein Profil geschaut - und wenn das stimmt, bist du 12? Ist das so? Dann verstehe ich deine etwas naiven Rettungspläne nämlich eher. Das ist das Alter, wo wohl alle Pferdenärrinnen mal vom eigenen Pferd geträumt haben, mich eingeschlossen. Dem Pferd meiner Träume damals ging es besser als deinem Taktik, aber auch ich hatte große Seifenblasen im Kopf und wollte ihn unbedingt von seinem Schicksal als Verleihpferd erlösen.
Gott sei Dank - sage ich heute, mit etwas klarerem Blick - hatte ich Eltern, die mir diesen Zahn schnell gezogen haben. Ein eigenes Pferd ist kein Spielzeug, kein Goldhamster, kein Kaninchen. Ein eigenes Pferd bedeutet eine Menge Kosten und Verantwortung und braucht sehr viel Zeit. Du denkst viel darüber nach, wie du ihn "entführen" könntest - hast du schon mal ernsthaft über das "Danach" nachgedacht? Selbst wenn es dir mit sehr viel Glück gelänge, die nötigen Papiere zu bekommen und das Tier durch die amtstierärztlichen Untersuchungen und die Quarantäne zu bringen - der wirkliche "Ärger" finge hier erst an.
Ein einigermassen akzeptabler Stellplatz kostet dich je nach Qualität, Umfang der Leistungen und Region zwischen min. 150,-- und 400,-- Euro. Ein gut sitzender Sattel kostet dich einen Tausender. Tierarzt - und den wirst du bei so einem Tier erstmal öfter im Stall haben - kommt schnell mal mit "Kleinigkeiten" auch auf tausend Euro, weil er ja kommen muss, und Hausbesuche sind bei Ärzten halt nicht billig. Bliebe noch der Schmied alle 4-6 Wochen mit 50,-- bis 100,-- Euro. Je nach Zustand von Taktik könnten gerade in der Anfangszeit auch noch erhöhte Kosten für diätetisches Futter dazukommen, um ihn erstmal aufzupäppeln.
Gewichtigerer Faktor ist allerdings die Zeit, die du investieren musst - und zwar bis an das Lebensende des Tieres, auch, wenn es eines Tages nicht mehr "benutzbar" ist (wobei auch in diesem Falle die Kosten weiterlaufen). Falls der Stall, wo er steht, keinen "Full-Service" mit Füttern und Misten anbietet, müsstest du jeden Morgen und Abend mindestens 1 Stunde zum Hinfahren und Füttern kalkulieren, eine weitere Stunde geht für's Putzen drauf und 1-2 Stunden solltest du ihn an mindestens 5 Tagen, besser 6, bewegen. Womit wir beim nächsten Punkt wären - deinen Reitkünsten. Sollten die für ein eigenes Pferd nicht ausreichend sein (und wenn du erst 12 bist, können sie das fast nicht sein) musst du mit deinem Pferd Reitstunden nehmen, da du sonst das Pferd schlicht ruinierst, denn nur ein gut gerittenes und gymnastiziertes Pferd wird auf lange Sicht keine Schäden an Rücken und Beinen davontragen. Und es stehen wahrhaftig schon genug lahme Pferde herum, die von zwar gutwilligen aber leider unfähigen Freizeitreitern zu Schanden geritten wurden.

Ich verstehe deinen Wunsch und Traum wirklich, denn auch ich war mal so eine "Rossnärrin", die ihn geträumt hat. Aber heute erkenne ich den Umfang an "Begleiterscheinungen", die so ein Traum hat - und möchte dich daher nur nochmal ganz intensiv zum Nachdenken anregen, ob du wirklich bereit und in der Lage bist, all das die nächsten 10 bis vielleicht 20 Jahre auf dich zu nehmen, denn ein gesundes Pferd kann durchaus auch 30 werden. Überleg dir auch, dass auch du älter wirst, deine Interessen sich ändern werden, irgendwann der 1. Freund auftaucht, die Schule dich sehr in Anspruch nehmen kann....
Lass dir lieber ein bisschen Zeit. Und - es gibt auch hier genug "arme" Pferde, die für deine Hilfe dankbar wären. Vielleicht holst du dir in ein paar Jahren so ein Tier und gibst ihm ein schöneres Leben.

Was sagen eigentlich deine Eltern zu deinem Traum? Denn letztlich dürften sie es ja sein, die das alles vorerst finanzieren müssten?

Ich will dir wirklich nichts Böses - aber manchmal tut es gut, wenn man von irgendwo einen kleinen Denkanstoss bekommt. [Winken]