... aber das Budget lässt auch nicht mehr zu...
und darum wird ja auch versucht, ausländische Investitionen und Wirtschafts-Know-How ins Land zu bekommen, doch ohne noch weitergehende Änderungen wird das nicht klappen. Vor wenigen Tagen noch hat sich die Regierung enttäuscht darüber geäußert, daß die Investitonssumme so niedrig liegt.
In den Geschäften findet man mittlerweile immer mehr Waren aus China, gestern abend habe ich zum erstenmal "traditionelle tunesische Kleidung für Touristen" gesehen, die ausweislich des Etiketts in China hergestellt worden ist (was meine Behauptung, daß die Textilindustrie bald einen Niedergang erleben wird, nur unterstützt).
Natürlich aber sind noch radikalere Reformen, die eigentlich nötig wären, undenkbar - insofern sitzt die Regierung in der Klemme, die Reformen sind bereits zu weitgehend für traditonelle Kreise und noch nicht weitgehend genug für die Progressiven und ausländische Investoren und Wissensträger.
...Korruption ist nicht von der Regierung abhängig, sondern viel mehr von dem Volk...
Ja und nein - was z.B. die Korruption von Polizisten oder Zollbeamten angeht, sind diese ja Arbeitnehmer der "Staates", also dem direkten Verantwortungsbereich der Regierung zuzurechnen. Und natürlich wird versucht, etwas dagegen zu unternehmen, doch, und das sagst Du auch selbst, es reicht bei weitem nicht aus.
...und es gibt viele Gerüchte...
es gibt auch mehr <g>, allerdings, ebenso wie im vorigen Thema, muß man sagen, daß dies nicht allein ein Problem der Spitze ist, sondern die Gesellschaft durchdringt - absolut verständlich, wenn, um ein englisches Sprachspiel zu bemühen, "everyone is relative", als jeder mit jedem verwandt ist. Doch, und das ist das Problem, Investoren sind eben mit niemandem verwandt und haben daher in der Geschäftspraxis erhebliche Nachteile und der Wettbewerb, auch inländischer Unternehmen, ist behindert (was Leistungsqualität und Preise beeinflußt).
...Einfuhrzölle: gehen immer mehr zurück vor allem im Rahmen des Einkommens mit der EU...
Korrekt, doch das reicht, insbesondere in direktem Wettbewerb mit anderen Produktionsländern aus dem asiatischen Raum, die wirtschaftich und politisch die Kraft haben, um ganz andere Konditionen zu erzielen, nicht aus. Die Dynamik des weltweiten Handels hat ein so hohes Tempo angenommen, daß schon Verzögerungen von ein oder zwei Jahren fatal sein können und sich lange in die Zukunft hinein auswirken.
...Soziale Absicherung und Arbeitsmarktpolitik: ist die Priorität im Regierungsprogramm, wie erfolgreich die sind ist aber schwer zu beurteilen...
Völlig richtig - doch die Bevölkerung bemißt es allein daran, ob sie konkret genug zu essen im Kühlschrank hat, ob sie sich einen Arztbesuch leisten kann und ob sie überhaupt eine Arbeitsstelle hat. Wie schon zuvor gesagt, gibt es auch hier eine Dynamik, die ein schnelles Handeln erfordert - ein Vorgehen, wie es noch vor einigen Jahren erfolgversprechend war, kann heute auf zu lange Zeit angelegt sein (wie man es ja sehr schön auch im Deutschland der letzten Jahre gesehen hat).
Ich anerkenne durchaus die Anstrengungen, die Tunesien unternimmt und habe ja auch schon gesagt, daß sie der Gesellschaft schon fast zu viel abfordern, doch in der heutigen Globalwirtschaft reicht es dennoch nicht aus, um erfolgreich zu sein, so daß letztlich nur die Auswahl besteht zwischen einer brutalen Verwestlichung oder dem islamischen Weg.
Jeder der Wege hat Vorteile und Nachteile und es ist abzusehen, daß der sogenannten "Turbokapitalismus" in absehbarer Zeit zu Ende sein wird, ebenso wie man ein Karussell nicht beliebig beschleunigen kann, bevor es zerbricht.
Meines Erachtens stellt sich die Frage, ob man noch aufspringen, und zumindest für eine zeitlang davon profitieren will, oder ob man an der Seite stehenbleibt und die Chance auf den, wenn auch zeitlich begrenzten, Profit, Spaß oder Wohlstand ausschlägt. Die älteren warten lieber ab und die jüngeren wollen die Chance nicht versäumen - ich selbst würde auch nicht stehenbleiben wollen, sondern ebenfalls das "einmal im Leben..." wählen (und habe das in der Realität ja auch getan).