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Re: Tunesien News #151762
14/01/2006 14:03
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Claudia Poser-Ben Kahla Offline OP
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Gera
Datum: Mon, 09 Jan 2006 00:11:02 +0100
Von: haimb.de/jc/wp/2005/12/30/fur-menschenrechte-in-tunesien/
Betreff: Neujahrswünsche!

Für Menschenrechte in Tunesien!

Zum Jahreswechsel dann doch noch was Ernstes in diesem Blog. Als im November in Tunis der "World Summit on the Information Society" stattfand, blickte die Welt für ein paar Tage auf ein Land, dass auch im Rahmen dieser Veranstaltung keine Anstalten machte, beispielsweise etwas wie Meinungsfreiheit zu gewähren: als die Begrüßungsrede der Präsidenten der Schweiz den Behörden zu kritisch wurde, brachen sie die Saalübersetzung ab und stellten die TV-Übertragung der Ansprache ein.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen zählt Tunesien zu den 15 Feinden des Internet und die OpenNet Initiative hat die technisch ausgefeilten, tunesischen Zensurmaßnahmen im Internet dokumentiert.

Stellvertretend gehen meine Neujahrswünsche daher an Yezzi.org - die Online-Demonstration gegen Präsident Ben Alis Diktatur und für Informationsfreiheit im Internet. Yezzi.org war übrigens gerade mal 18 Stunden von Tunesien aus zu erreichen, bevor die Zensoren die Website in die zentralen Filter eingetragen haben.

[Hier soll auch ein Hinweis auf das Handbook for Bloggers and Cyber-Dissidents der Reporter ohne Grenzen nicht fehlen.]

Re: Tunesien News #151763
15/01/2006 16:24
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Claudia Poser-Ben Kahla Offline OP
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Gera
1. Der Rechtsanwalt Samir Dilou in Flughafen Tunis schikaniert
Von: 10.01.06 aktion18oktober.com

2. Demokratische Diktatoren
Von: chilli.cc

Nachricht: 1
Datum: Wed, 11 Jan 2006 20:03:46 +0100
Von: 10.01.06 aktion18oktober.com

Betreff: Der Rechtsanwalt Samir Dilou in Flughafen Tunis schikaniert

Der Rechtsanwalt Samir Dilou in Flughafen Tunis schikaniert

Das Redaktionsteam

Der tunesische Rechtsanwalt, zuständig für Außenbeziehungen bei der Internationalen Vereinigung zur Unterstützung politischer Gefangener (Association internationale pour le soutien des prisonniers politiques - AISPP), Mitglied der Bewegung 18 Oktober und ehemalige politisch Gefangene in Tunesien Samir Dilou war von Mitte Dezember 2005 zu Besuch in Mehreren EU Ländern und wurde von Eu Parlament, deutscher und Schweizer Auswärtigenamt empfangen. Er berichtete über die erschreckende Menschenrechtssituation in Tunesien und traf in dieser Zeit auch mehrere tunesische Exilpolitiker und Menschenrechtsaktivisten.

Danach hielt er sich einige Tage in Frankreich auf. Bei seiner Rückkehr nach Tunis am 8. Januar 2006 wurde Samir Dilou von Polizeikräften der Staatssicherheit in Flughafen von Tunis festgesetzt, belästigt, beschimpft, sein Gepäck durchsucht und Bücher und Informationsmaterialien wie CDs Zeitungen abgenommen.
Einige werden sich fragen, wie im Zeitalter des Internet die diktatorischen Machthaber weiterhin gegen die Presse und Meinungsfreiheit verstoßen und den Menschen ein so grundsätzliches Recht wie das Recht auf Information vorenthalten können!
Wir Hoffen dass dieses unnötige, kontraproduktive und an die Lächerlichkeit grenzende Nachhutgefecht endlich aufhört!! "

10.01.2006


Nachricht: 2
Datum: Wed, 11 Jan 2006 22:54:55 +0100
Von: chilli.cc

Betreff: Demokratische Diktatoren

Zwei tunesische Autoren werfen einen düsteren Blick auf das "fortschrittliche" Afrika

Auf dem Coverfoto sind sie mit erhobenen Händen zu sehen. Triumphatoren über ihre eigene Bevölkerung. Die Herrscher über die Staaten Tunesien, Libyen, Marokko, Algerien und Mauretanien. In "Despoten vor Europas Haustür" werfen Sihem Bensedrine und Omar Mestiri - zwei tunesische Oppositionelle - den Regierungen der Europäischen Union kriminelle Fahrlässigkeit vor.

Wende im Fall Lockerbie
Vor wenigen Wochen wurden die Todesurteile gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt aufgehoben. Der Vorwurf der bewussten Infizierung der Patienten mit dem HI-Virus wird nun neu beleuchtet. Nur wenige Tage später meldete die bulgarische Regierung die Einrichtung einer AIDS-Beratungsstelle in Libyen.

3. Jänner 2006. Die "Wiener Zeitung" meldet die Rückkehr von amerikanischen Öl-Konzernen in das von Revolutions-Führer Muammar el Gaddafi regierte Libyen. Diese Ereignisse scheinen voneinander unabhängig, doch wer sich der Lektüre von Bensedrines und Mestiris "Despoten vor Europas Haustür" näher annimmt, muss der Vermutung zustimmen, das Teil-Schuldgeständnis im Fall Lockerbie könnte seinen Teil beigetragen haben. Der 1988 durchgeführte Anschlag auf ein Flugzeug - das dann über der schottischen Stadt Lockerbie abstürzte und 270 Menschen-Leben forderte - führte zu internationalen Sanktionen. Heute ist Libyen wieder ein geachteter Partner - wirtschaftlich und politisch.

Öl und Repression
Dabei hat die Wandlung von Gaddafi - vom Saulus zum Paulus der internationalen Politik - sehr viel mehr mit wirtschaftlichen Interessen zu tun als mit wahrer Wiedergutmachung an den Opfern des Anschlages von Lockerbie. Laut Bensedrine und Mestiri ist es die unsichere Lage im Nahen Osten, vor allem im Irak, und Südamerika - vor allem das von Hugo Chavez geführte Venezuela - die den Regierungen in den USA und der Europäischen Union Sorgen bereitet. Das langsame Versiegen der Öl-Lieferungen führt zu einer Trendumkehr was den Umgang mit den Regierungen im Norden Afrikas angeht. Dabei dient das repressive Regime von Tunesiens Staatschef Ben Ali als repräsentatives Beispiel und Vorbild für seine Nachbarn. Der restriktive Umgang mit Oppositionellen oder das Verschenken von Werbereisen an europäische Journalisten und Diplomaten sorgen für positive Presse und ein Öffentlichkeits-Bild, gegen das Autoren wie Bensedrine und Mestiri - meist im Exil - beinahe hoffnungslos Sturm laufen.

Ein Kontinent lernt dazu
Das zum Teil äußerst polemische Werk "Despoten vor Europas Haustür" versteht sich als Anklage und gleichzeitig Absage an die so genannte "Mittelmeer-Koalition". Während die beiden Autoren, vor allem mit Fall-Beispielen aus ihrer Heimat Tunesien, die alltägliche Repression aufzeigen wird zwischen den Zeilen deutlich, wie prekär die Lage für die Europäische Union wirklich ist. Denn die Oberhäupter der nordafrikanischen Staaten finden langsam Nachahmer, etwa Ould Sid Ahmed Taya in Mauretanien. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis in ölreichen Ländern wie Nigeria oder der Elfenbein-Küste ebenfalls Regierungen im Amt sind, die sich an den Staaten-Modellen Tunesien oder Ägypten orientieren.

Asyl und Terrorismus
Kein unwesentliches Element in den Überlegungen der Europäischen Union - was die Billigung der "Scheindemokratien" betrifft - sind auch die Regelungen in Sachen Asyl und Terrorismus. Wenn von Auffang-Lagern in Tunesien oder Algerien die Rede ist, stehen die dortigen Präsidenten bereit und warten nur auf den entsprechenden Auftrag, der neben Arbeits-Plätzen auch Förderungen bedeutet. Dies wird dann oft mit dem Terminus "Krieg gegen den Terrorismus" umschrieben.

Afrika: Europas brüchiges Schutzschild
Nicht nur die USA, sondern auch die EU arbeiten gern unter dem oben genannten Vorwand wider demokratische Entwicklungen in Afrika. So ist ein streng geführtes und unter der Kontrolle eines "demokratischen Diktators" stehendes Land den westlichen Staaten lieber als ein möglicherweise von muslimischen Parteien regiertes. Inwiefern die im Exil arbeitenden Oppositionellen - wie Sihem Bensedrine und Omar Mestiri - dem entgegen wirken können, bleibt unklar. Als Weckruf gegen die Akzeptanz afrikanischer Diktaturen, die sich als Demokratien gebärden, funktionieren diese Publikationen sehr wohl.

10.01.2006

Re: Tunesien News #151764
16/01/2006 19:23
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Claudia Poser-Ben Kahla Offline OP
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1. Herren Idriss ben Mahmoud Elnouiwi
Von: aktion18oktober.com - 14.01.06

2. Rechtsanwalt Mohamed Abbou erneut im Hungerstreik
Von: aktion18oktober.com - 15.01.06


Nachricht: 1
Datum: Sat, 14 Jan 2006 16:03:14 +0100
Von: aktion18oktober.com - 14.01.06
Betreff: Herren Idriss ben Mahmoud Elnouiwi

Herren Idriss ben Mahmoud Elnouiwi in Tunesien festgenommen
Datum: Thursday, 12.January. @ 20:10:39 CET
Thema: Aktuell

Das Redaktionsteam

Wir wurden gerade informiert, dass der ehemalige politisch gefangene und Mitglied der Studenten Gewerkschaft in Tunesien Herren Idriss ben Mahmoud Elnouiwi von der Polizeirevier Hammam Bourgiba festgenommen worden und wird morgen den Justizbehörden vorgeführt.

Die Polizeibehörde behauptet dass herren Idriss das Behördenaufsichtsgesetz missachtet hat

Wir weisen daraufhin dass, ehemalige politischen Häftlinge gezwungen sind bis zu 4 mal am Tag beim Kommissariat des Viertels zu erscheinen.

Es gibt zwei Gründe die betroffenen Bürger dieser Maßnahme zu unterwerfen: einen gerichtlichen und einen der mit der Sicherheit zusammenhängt. Dem Strafgesetzbuch zufolge ist ein Verurteilter nicht dazu verpflichtet, sich bei der Polizei zu melden. Die Verwaltung hat lediglich die Befugnis, "den Wohnsitz des Verurteilten zu bezeichnen" (Art. 23), und dies nur für einen Zeitraum von maximal 5 Jahren. Am 6. November 1999 wurden mehr als 4000 Nahdha-Anhänger, die zu Tausenden diesem Zwang unterworfen waren, von der Aufsicht befreit. Aber kurze Zeit später machten die Behörden bei vielen unter ihnen die Entscheidung wieder rückgängig. In einem Situationsbericht des Tunesischen Verbandes für Menschenrechte (LTDH) über die Menschenrechtslage und Freiheit in Tunesien (1994) wird hervorgehoben, daß einer der schlimmsten Mißbräuche die Behördenkontrolle von Verurteilten sei, die ihre Strafe entweder bereits verbüßt haben oder in Abwesenheit verurteilt worden sind. Dies geschehe ohne jeden gerichtlichen oder administrativen Grund. Die Maßnahme besteht darin, daß die betroffenen Bürger dazu zu gezwungen werden ihre Unterschrift in gewissen zeitlichen Abständen, die zwischen mehrmals am Tag bis zu einmal alle 14 Tage variieren können, beim Kommissariat eine Unterschrift zu leisten. Dies geschieht unter Androhung einer Gefängnisstrafe bei Ungehorsam. Es sind Maßnahmen, die eine Reintegration in die Gesellschaft und jede Art der Berufstätigkeit in Anbetracht der häufigen Abwesenheiten am Arbeitsplatz unmöglich machen.
Wir fordern die sofortige Freilassung von Herren Idriss ben Mahmoud und appellieren an alle Nationalen und Internationalen Organisationen der gefangene Hr. Idriss ben Mahmoud zu unterstützen.


Nachricht: 2
Von: aktion18oktober.com - 15.01.06
Betreff: Rechtsanwalt Mohamed Abbou erneut im Hungerstreik

der Rechtsanwalt Mohamed Abbou erneut im Hungerstreik
Datum: Sunday, 15.January. @ 08:04:58 CET
Thema: politische Gefangene

Das Redaktionsteam

Der politische Gefangene Rechtsanwalt Maitre Mohamed Abbou befindet sich seit dem 10. Januar 2006 gemeinsam mit mehreren anderen Häftlingen aus Protest über seine Haftbedingungen im Kef- Gefängnis im Hungerstreik. Er verlangt seiner Freilassung und seiner Versetzung zum Gefängnis von Hauptstadt Tunis damit seine Familie ihm regelmäßig besuchen kann.

Im Frühjahr 2005 wurde der Anwalt Mohammed Abbou verhaftet und zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil er in einem Internet-Artikel die Haftbedingungen in den tunesischen Gefängnissen mit denen im US-Gefängnis von Abu Ghraib verglichen hatte. Sein Rechtsbeistand, Abderraouf Ayadi, hat sich den Hungerstreikenden angeschlossen:

Mohammed Abbous Verbrechen bestand darin, dass er die Instrumentalisierung der tunesischen Justiz kritisiert hat, die der Staat dazu benutzt, Oppositionelle zu bekämpfen. Jetzt befindet er sich in einer Zelle mit vier gewöhnlichen Kriminellen, die damit beauftragt sind, jede seiner Äußerungen zu überwachen. Als Reaktion hat er sich neulich den Mund zugenäht. Vier Tage lang hat er nur Wasser mithilfe eines Wattebausches zu sich genommen.

Re: Tunesien News #151765
28/01/2006 17:04
28/01/2006 17:04
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1. Info aus -Aktion 18 Oktober Deutschland-
Von: Das Redaktionsteam

2. WSIS Review - Hacking a Dictatorship
Von: Netzpolitik.org


Nachricht: 1
Datum: Sat, 21 Jan 2006 21:49:03 +0100
Von: Das Redaktionsteam
Betreff: Info aus -Aktion 18 Oktober Deutschland-

Gutes Beispiel für die Pressefreiheit in Tunesien
Geschrieben am Saturday, 21.January. @ 13:02:29 CET von Omeima29

Das Redaktionsteam


In Tunesien sind am Freitagfrühmorgen den 20.01.2006 Tausende von Exemplare der Wochenzeitungen "Almawkif" und "Achbar Aljoumhouria" aus dem Handel landesweit von Zivilbekleideten Polizeikräfte ohne Begründung beschlagnahmt worden. Angeblich haben beide Zeitungen Artikels veröffentlicht, in denen über Preiserhöhung von Lebensmittel berichteten.
Appell für freie Presse in beliebten Urlaubsländern

Net-Tribune

Berlin - Anlässlich der Internationalen Tourismus-Börse ITB hat die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" die Regierungen von Tunesien, Kuba, den Malediven, Vietnam und Myanmar (Birma) dazu aufgefordert, den freien Zugang zu Information sowie eine unabhängige Berichterstattung in ihren Ländern zuzulassen. Auch müssten alle Journalisten, die in diesen Staaten wegen ihrer Arbeit inhaftiert sind, freigelassen werden.

Diese Länder präsentieren sich den Urlaubern als heile Welt", sagte Astrid Frohloff, Vorstand von Reporter ohne Grenzen (ROG), heute auf der ITB in Berlin. "Doch hinter der schönen Fassade ist es düster: Meinungs- und Pressefreiheit werden systematisch unterdrückt. Es herrscht Zensur, die einheimische Bevölkerung kann sich nicht unabhängig informieren."

Wer in diesen Ländern dennoch versucht, kritisch zu berichten, muss mit massiven Repressionen rechnen. Dies schilderte die Tunesierin Sihem Bensedrine. Für ihren Einsatz für Demokratie und Pressefreiheit in Tunesien wurde sie überwacht, verfolgt, tätlich angegriffen und verhaftet. "In Tunesien gibt es keine Versammlungsfreiheit, keine Pressefreiheit, keine einzige unabhängige Zeitung", sagte die Gründerin der verbotenen Online-Zeitung Kalima. "Doch die zahlreichen Touristen wissen nicht, dass ihr Urlaubsparadies für die Einheimischen ein Gefängnis ist." Die internationale Gemeinschaft und die großen Reiseveranstalter müssten Druck ausüben. Die Instrumente dafür, etwa der Ethik-Kodex der Welttourismusorganisation, seien vorhanden.
Von der Situation auf den Malediven berichtete Ibrahim Lutfy. Für seinen regierungskritischen Online-Newsletter Sandhaanu erhielt er eine lebenslange Haftstrafe. Im Gefängnis wurde er gefoltert. Lutfy konnte fliehen und lebt mittlerweile im Schweizer Exil. "Die Malediven sind als Himmel auf Erden bekannt. Doch die Touristen-Dollar kommen nicht der breiten Bevölkerung zugute", so Lutfy. "Vielmehr nutzt Präsident Gayoom sie, um unser freies Denken und unsere Meinungsvielfalt zu unterdrücken." Alle Medien seien direkt oder indirekt in seiner Hand. Bewegungen für mehr Demokratie würden im Keim erstickt.

Auch Kuba, Vietnam und Myanmar unterdrücken kritische Stimmen und lassen keine unabhängigen Medien zu. Zahlreiche Internetseiten sind in diesen Ländern gesperrt. In Kuba sind derzeit 21 Journalisten hinter Gittern - damit ist der Inselstaat nach China das größte Gefängnis für Reporter weltweit und belegt auf der ROG-Rangliste zur Pressefreiheit den vorletzten Platz (166.). In Myanmar (165. der ROG-Rangliste) sind acht Journalisten in Haft, in Vietnam (Platz 161) drei. "Diese Frauen und Männer haben lediglich von dem Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Daher fordern wir ihre unverzügliche Freilassung", so ROG-Vorstand Frohloff.

Reisende fordert die Menschenrechtsorganisation auf, sich über diese Kehrseite der Urlaubsparadiese zu erkundigen und sich für eine bessere Situation dort einzusetzen."
http://www.aktion18oktober.com/deutsch/modules.php?name==News&file==article&sid=2


Nachricht: 2
Datum: Sun, 22 Jan 2006 01:01:57 +0100
Von: Netzpolitik.org
Betreff: WSIS Review - Hacking a Dictatorship

Dienstag, 6. Dezember 2005
Für die Dokumentation des 22. Chaos Communication Congress hab ich einen ausführlichen und subjektiven Bericht zum UNO-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft geschrieben. Am letzten Kongresstag, dem 30.12.2005, werde ich in Saal 1 um 12:00 Uhr eine Stunde lang eine WSIS-Review mit dem Untertitel "Hacking a dictatorship" geben.

Vom 16.- 18. November 2005 fand in Tunis / Tunesien der zweite World Summit on the Information Society (WSIS) statt. Der WSIS-Prozess wurde von den Vereinten Nationen gestartet, um eine globale Vision einer Informationsgesellschaft zu debattieren und Lösungen für die Verringerung der Digitalen Spaltung weltweit zu finden. Der erste WSIS fand im Dezember 2003 in Genf statt. Damals entstanden eine Gipfel-Erklärung und ein Aktionsprogramm. Da wurde, kurz zusammengefasst, in blumigen und diplomatischen Worten eine Informationsgesellschaft für alle gefordert und mit dem Aktionsplan wollte man alle nötigen Schritte einleiten, um bis zum Jahre 2015 das Internet bis "ins letzte Dorf in Afrika" zu legen. Aufgrund der Entscheidungsstrukturen der Vereinten Nationen kam damals natürlich nur ein Minimalkonsens ohne jegliche Vision heraus. Beinahe hätte sogar ein offizieller Bezug auf die UN Menschenrechtserklärung von 1948 den Einzug in das Gipfeldokument verpasst.

Zwei Fragen wurden damals ausdiskutiert, aber nicht gelöst: Die Frage der Internet Governance und der Finanzierungswege, um die digitale Spaltung zurück zu drängen. Wie immer in solchen Situationen gründete man zwei Arbeitsgruppen, die, dem UN-Generalsekretär Kofi Annan unterstellt, im zweiten Gipfelprozess Empfehlungen und Lösungsvorschläge ausarbeiten sollten. Beide "Working Groups" waren nach dem Multistakeholder-Ansatz besetzt, das heißt paritätisch durch Vertreter der einzelnen Stakeholder "Regierungen", "Wirtschaft" und "Zivilgesellschaft" besetzt. Auf dem Gipfel oder besser der letzten Vorbereitungskonferenz drei Tage davor sollte es also zum Showdown kommen.

Internet Governance - Wer kontrolliert noch mal das Netz?

Die letzten drei Jahre dominierte im WSIS-Prozess ein Thema, das eigentlich nicht viel mit den ursprünglichen Zielen zu tun hatte: Internet Governance. Viele Länder wollten den Zustand ändern, dass das Domain Name System (DNS) von ICANN und damit letztendlich vom US-amerikanischen Handelsministerium kontrolliert wird. Statt einer Regierung sollten viele Regierung eine "Weltregierung" bilden, am besten unter der Kontrolle der International Telecommunication Union (ITU). Die ITU ist eine UN-Organisation für den Post- und Telekommunikationsbereich und war federführend verantwortlich für den WSIS-Gipfelprozess. Bis wenige Monate vor dem zweiten Gipfel standen sich Staaten wie China, Brasilien und Pakistan den Industrieländern streitend gegenüber, was das favorisierte Modell betraf. "ITU oder ICANN " wurde fast zur einzigen Frage des Gipfels. Auf der vorletzten Vorbereitungskonferenz zum Tunis-Gipfel brachte die EU unerwartet ein Kompromisspapier in die Debatte ein, um eine gemeinsame Lösung zu finden und den Gipfel diesbezüglich nicht scheitern zu lassen. Die USA waren alles andere als amüsiert, dass ihre Bündnispartner ihnen in den Rücken gefallen waren und starteten eine internationale Medien- und Diplomatiekampagne. Diese spielte das Vorurteil aus, dass die Regierungen das Internet übernehmen wollten. Der UN-Generalsekretär Kofi Annan veröffentlichte zwar noch kurz vor Tunis in der Washington Post einen Beitrag um darauf hinzuweisen, dass die UN nicht das Internet übernehmen wollen würde - da war der Zug aber schon abgefahren. In der Nacht vor dem Gipfelbeginn einigten sich die Regierungen auf ein gemeinsames Papier, was den Status Quo bei ICANN erstmal erhält - inklusive der Kontrolle der US-Regierung über ICANN und damit das DNS. Allerdings konnten sich die Europäer durchsetzen, ein "Global Forum on Internet Governance" auf internationaler Ebene zu installieren, das diese Fragen weiter entwickeln soll - und das in einem Multistakeholder-Verfahren durch Einbeziehung von Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft. Das erste "Global Forum" soll nächstes Jahr im Sommer in Athen stattfinden, weil ein griechischer Diplomat als erstes den Finger gehoben hatte. Bei der Ausgestaltung der Global Forums wird sich zeigen, was dieser Gipfel gebracht hat. Leider finden sich im Gipfel-Dokument mehr "soll"- als "muss"-Formulierungen. Allerdings gehen die Interpretationen schon so weit, dass man aus dem Forum vielleicht tatsächlich was brauchbares machen könnte: Beispielsweise mal ein "Global Forum" mit dem Schwerpunkt auf Freie Software.

Digitale Spaltung?

Ach ja, es gab noch ein zweites strittiges Thema, nämlich Finanzierungswege zur Verringerung der digitalen Spaltung - Kabel legen sich ja nicht selbst. Hier fand man keine wirkliche Lösung, da die Industriestaaten zu sehr an ihrem Paradigma festhielten, dass Investitionen erst nach Marktöffnung getätigt werden sollten. Mit anderen Worten, wenn ein armes afrikanisches Land seine Märkte öffnet, kommt eventuell gerne Siemens vorbei und errichtet Internet- und Mobilfunk-Netze. Der so genannte "Digital Solidarity Fund", eine zentrale Forderung aus der ersten WSIS-Phase, wurde letztendlich zu einem freiwilligen zahnlosen Tiger nach Vorbild eines Gütesiegels. Ganze sieben Millionen Euro wurden schon eingezahlt, davon fast die Hälfte aus afrikanischen Staaten. Die Überwindung der digitalen Spaltung, vor allem in den ärmsten Ländern ist somit nur noch eine Frage der Zeit. Aber dafür gibt`s ja jetzt den 100$ Notebook.

Tunesischer Sicherheitsapparat

Tunesien gibt sich nach außen hin als Musterbeispiel einer arabisch liberalen und offenen Demokratie und ist für viele ein günstiger und attraktiver Ferienort. Weniger bekannt ist, dass Tunesien seit 1987 eine Schein-Demokratie hat mit einem auf Lebenszeit "gewählten Präsidenten" Ben Ali. Dieser hat sich seine Entscheidung, auf Lebenszeit Präsident zu sein, vor zwei Jahren in einer "demokratischen Volksabstimmung" noch mal vom Volk mit 99,8 % bestätigen lassen. Die Opposition wurde aber schon 1987 entweder gleichgeschaltet, des Landes verwiesen oder verfolgt. Eine freie Opposition ist kaum vorhanden, fundamentale Menschenrechte wie Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit wurden praktisch abgeschafft - natürlich nur für den Kampf gegen den Terror. Oppositionelle Gruppen haben praktisch kaum Möglichkeiten, Kritik zu üben, eine freie Presse ist nicht vorhanden. Schon nach der Entscheidung der UN, Tunesien als Gastgeberland des zweiten WSIS zu ernennen, hagelte es massive Kritik. Immerhin sollte der WSIS auch ein Gipfel der Informationsfreiheit sein. Die Kritik wurde allerdings von den meisten Staaten nicht ernst genommen. Auf der ersten Vorbereitungskonferenz der zweiten Gipfelphase in Hamamed / Tunesien gab es massive Einschüchterungsversuche der "tunesischen Zivilgesellschaft" gegenüber Menschenrechtsaktivisten der Zivilgesellschaft. Weitere Vorbereitungskonferenzen wieder deshalb danach auf "sicherem Boden", nämlich der Schweiz abgehalten. Was wir dort erlebten war gleichsam bizarr. Grosse Gruppen tunesischer "Gongos" (von uns so genannt, steht für "Governmental NGOs") reisten an, um sämtliche zivilgesellschaftlichen Vernetzungstreffen zu stören und um alles zu protokollieren. Dies führte zu leicht bizarren europäischen Vernetzungsmeetings, wo immer in der letzten Reihe tunesische Vertreter saßen und alles auf Papier aufzeichneten. Die Arbeit der Zivilgesellschaft wurde so massiv gestört. Selbst auf einem Vernetzungstreffen nach der "Wizards of OS Konferenz 3" in Berlin gab es Besuch von der tunesischen Regierung.

Organisation des Citizen Summit

Nach vielen ungehörten Protesten starteten die Diskussionen über einen Boykott des WSIS2. Allerdings gingen die Diskussionen ziemlich schnell in die Richtung, dass ein Boykott und ein "Alternativgipfel" außerhalb Tunesiens zum selben Zeitpunkt wenig bringen würde und dass die Kritik an der tunesischen Regierung in ihrem eigenen Land besser aufgehoben sein würde. Die Planungen für den "Citizen Summit" starteten im Spätsommer diesen Jahres. Ziel war ein Alternativgipfel in Tunis parallel zum WSIS, wo vernachlässigte Themen wie Menschenrechte, Privacy und Zugang zu Wissen in der Wissensgesellschaft von einem großen Bündnis aus Menschenrechtsorganisationen thematisiert werden sollten. Viele Versuche wurden gestartet, in Tunis Hotels anzumieten. Das klappte erstmal immer, nach und nach wurden aber selbst von weltweit agierenden Hotelketten die Buchungen mit fadenscheinigen Argumenten gecancelt. Mal waren es Sicherheitsgründe, dann wurden kurzfristig unvorhergesehene Bauarbeiten genannt. Für ein Hotel wartet eine Organisation immer noch auf die Rückerstattung einer Anzahlung in vierstelliger Höhe. Der Citizen Summit konnte leider letztendlich nicht stattfinden, aber die Organisation und das "geschickte Händchen" der tunesischen Krisenmanager hatte genug mediale
Aufmerksamkeit geschaffen, dass die Arbeit alles andere als nutzlos war.

Übergriffe tunesischer Sicherheitsbehörden

Am Montag vor dem Gipfel gab es wegen der Raumproblematik ein anberaumtes Vorbereitungstreffen im deutschen Goethe-Institut in Tunis. Nur wenige wussten von dem Treffen, an dem neben zivilgesellschaftlichen Organisatoren und wenigen tunesischen Oppositionellen auch der deutsche Botschafter teilnehmen wollte. Als die Teilnehmer des Treffens um 14 Uhr vor dem Goethe-Institut auftauchten, war das Gelände weiträumig von der Geheimpolizei abgeriegelt. Die tunesischen Oppositionellen sollten in Autos gezerrt und verschleppt werden, selbst dem deutschen Botschafter wurde der Zutritt zum Goethe-Institut in Begleitung zweier Oppositioneller verwehrt - was dieser natürlich nicht amüsant fand. Wenige Stunden später ergab sich das gleiche Bild bei einem von der Heinrich Böll Stiftung anberaumten Vernetzungstreffen von deutschen und arabischen Mitgliedern der jeweiligen Zivilgesellschaften. Auch hierfür wurden alle Räumlichkeiten kurzfristig abgesagt. Allerdings bot eine unabhängige tunesische Frauenrechtsorganisation ihr Büro als Treffpunkt an. Nicht verwunderlich war, dass das Telefon und das Internet der Organisation ab dem Zeitpunkt der genaueren Planungen aus "technischen Gründen" nicht mehr funktionierten. Wenige Teilnehmer kamen vor dem verabredeten Zeitpunkt in das Gebäude, alle anderen wurden an den etwas später errichteten Absperrungen der Geheimpolizei abgewiesen, die die Veranstaltung als "illegal" bezeichneten. In den Tagen vo dem Gipfel wurden noch ein Journalist der französischen Zeitung "Le Liberation" und ein Fernsehteam des belgischen Senders RTBF in Tunis von Beamten in Zivil zusammengeschlagen, als diese über Menschenrechtsverletzungen recherchieren wollten: Hautnahe Recherche quasi. Der Generalsekretär von "Reporter ohne Grenzen" wurde bei seiner Ankunft auf dem Flughafen in Tunis direkt im Flugzeug wieder nach Hause geschickt, weil seine Organisation in der Vergangenheit Tunesien wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert hatte.

Sicherheit auch in den Hotels

In allen Hotels lungerten die üblichen Gruppen von Männern mit Knopf im Ohr und schlecht sitzenden Anzügen herum und sorgten für "Sicherheit" - bei uns eher für ein Gefühl der Unsicherheit. Glücklicherweise ließ deren Technikkompetenz zu wünschen übrig und wir konnten in unserem Hotel für fast eine ganze Woche einen WLAN-Router ans Hotel-Netz anschließen, bis er erst am letzten Abend leider "entfernt" wurde. Druckereien waren übrigens in der Woche des WSIS überall in Tunis von der Regierung geschlossen worden. Damit niemand auf den Gedanken kam, regierungskritisches Material drucken zu lassen.

Fotografieren verboten?

Ich musste verwundert feststellen, dass das Fotografieren von Polizeieinrichtungen oder Straßensperren in Tunesien anscheinend strengstens verboten ist. Einige hatten schon beim Check-In auf dem Gipfel von Problemen berichtet, die ich aber nicht nachvollziehen konnte, weil ich ständig meine Digikam auf alles draufhielt. Am letzten Tag in Tunis spazierte ich aber noch mal durch die Strassen und fand ein lustiges Schild, wo "Police Technique" drauf geschrieben stand. Als ich einen Schnappschuss von dem Schild machte, war ich plötzlich von drei Polizisten, wie immer in Zivil, umringt, die mich festnehmen wollten. Nach zehnminütiger Diskussion, von beiden Seiten in gebrochenem Französisch, konnte ich glücklicherweise darauf hinweisen, dass ich kein Terrorist bin, sondern dass mich mein WSIS-Badge als Vertreter der deutschen Regierungsdelegation auszeichnete. Glücklicherweise hatte ich das Badge noch in der Tasche. Auf die Idee, dass man auf Digikams auch Fotos löschen könnte, kam zum Glück niemand von den dreien. Später stellte ich fest, dass ich die technische Abteilung des Informationsministeriums abgelichtet hatte.

Sicherheit und RFID

Das Gelände des WSIS war weiträumig abgesperrt und von mehreren Sicherheitsringen umzäunt. Auf das Areal selbst kam man nur mit Shuttlebussen und einem WSIS-Badge. In diesem waren RFID-Chips eingebaut, die man am Eingang an ein Lesegerät halten musste, um das darauf befindliche Bild mit dem Gesicht des davor Stehenden zu verifizieren. Manchmal funktionierte die Technik aber nicht und man kam auch so rein. Eine Privacy-Police wurde nicht veröffentlicht. Bis heute ist unklar, wer im Besitz der Personen bezogenen Daten ist, ob nur die ITU und damit die UN einen Zugriff darauf hat oder auch die tunesische Regierung die gesamten Datensätze behalten dürfte. Richard Stallman rannte bei seinem Besuch auf dem Gipfel mit einen mit Alufolie umwickelten Badge wsherum und wurde dafür beinahe von tunesischen Polizisten in Zivil abgeführt. Das sei ja unhöflich und so. Nach mehrmaligem Durchschreiten der Sicherheitsschleusen mit viel Technik in den Taschen hatten wir auch das Gefühl, dass es kein Problem gewesen wäre, Bomben in Einzelteilen aufs Gelände zu schleppen und dort zusammen zu setzen.

Expression without Repression

Das Gipfelgelände selbst war in zwei Teile unterteilt: Eine große Messe mit dem Schwerpunkt "ICT4Development" befand sich auf tunesisch kontrolliertem Territorium, inklusive eines zensierten Internets. Der direkt daran anschließende WSIS-Gipfel mit den meisten Veranstaltungsräumen wurde wiederum von der UN kontrolliert, inklusive eines weit gehend unzensierten Internets. Bei einer Veranstaltung mit dem Titel "Expression without Repression" auf dem tunesischen Gelände wurde der Unterschied offensichtlich. Der zweitägige Workshop thematisierte, wie man in repressiven Regimen von seinem Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung durch technische Hilfe wie Blogs und Anonymizer Gebrauch machen kann. Nach einer Diskussion über "Blogs und Meinungsfreiheit" stand ein Bericht der OpenNet Initiative zur Filterinfrastruktur in Tunesien auf dem Programm. Gegen Ende der Diskussion füllte sich der Raum immer weiter mit den üblichen tunesischen Beamten in Zivil und es wurde offensichtlich, dass diese die Veranstaltung "sprengen" wollten. Die geplante Pause wurde abgesagt, die Diskussion ging weiter und wir mobilisierten viele weitere Teilnehmer per SMS, um genug Aufmerksamkeit auf die Repression zu lenken. Das klappte auch irgendwann und die Tunesier verschwanden wieder, weil der Raum und der davor liegende Flur überfüllt waren. Dafür gab`s kein Internet mehr im Raum.

Tunesische Zensur im Netz

Während einer Woche Aufenthalt in Tunesien konnten wir uns auch ausführlich mit der tunesischen Internet-Zensur auseinandersetzen. Sehr viele Seiten sind gesperrt, darunter die komplette tunesische Opposition im Netz, viele vor allem französische Nachrichtenseiten und natürlich die meisten Menschenrechtsorganisationen. Amnesty International wiederum nicht, was uns etwas wunderte. Auch waren beispielsweise die deutschen Seiten von "Reporter ohne Grenzen" erreichbar, die internationalen jedoch nicht. Beim Googlen wurden Suchbegriffe wie "Anonymizer" mit einer französischen Fehlermeldung beantwortet. Der Filterbericht der OpenNet Initiative konnte noch ganze sechs Stunden nach Veröffentlichung herunter geladen werden, dann funktionierte die Zensur auch hier. Problemlos nutzbar waren aber Anonymizer wie TOR oder aber SSH Tunneling aus Tunesien heraus. Nur der Vertreter von Siemens kam nicht in sein Siemens-VPN und fand dies nicht lustig. Allerdings dürften Tools wie TOR für tunesische Bürger auch keine große Lösung bedeuten, da man dort selbst für das Ansurfen "verbotener Seiten" schnell mal für ein paar Wochen einfach so verschwinden kann. Als nette Lösung dafür wurde auf dem "Expression without Repression"-Workshop eine TOR-USB-Lösung vorgestellt, um in jedem Internetcafe einfach unkompliziert und anonymisiert surfen zu können.

Dann gab`s ja auch noch einen Gipfel

Auf dem WSIS-Gelände gab es eine Vielzahl an Veranstaltungen, insgesamt wohl über 400 innerhalb von fünf Tagen. Aber nur wenige davon fand ich interessant. Dafür freute ich mich über eine HighSpeed-Connection und einigermaßen Ruhe in den Civil Society Offices, um meine vielen Podcast-Interviews schnell und unkompliziert uploaden zu können, die ich dort machte. Die Politiker veranstalteten in der "Plenary Hall" einen Redemarathon, der aber gewohnt eintönig blieb. Bei einer sehr knappen Redezeit von teilweise nur drei Minuten war neben den Dankesfloskeln an die ITU, Tunesien und manchmal noch anderen nur wenig Zeit, um die üblichen Floskeln wie "bridging the digital gap" unterzubringen und das jeweilige vertretende Land in den höchsten Tönen zu loben. In die Eröffnungszeremonie kam ich leider nicht mehr rein, weil ich eine dreiviertel Stunde draußen vor der Sicherheitsschleuse warten musste. Zu viele "Jubel-Tunesier" warteten auch auf Einlass, um ihrem Diktator bei seiner Eröffnungsrede zujubeln zu können. Als ich die "Plenary Hall" kurz vor Beginn endlich erreichte, wurden die Türen vor uns geschlossen und es kam beinahe zu Tumulten. Unvergessen war ein Mensch aus der Ukraine, welcher sich gegenüber den UN-Polizisten vor der Tür als Minister der Ukraine zu erkennen gab und beinahe handgreiflich wurde. Wie auch viele andere Jubel-Tunesier. Bei der "Opening Ceremony" selbst kam es dann zu einem kleinen Eklat: Direkt nach dem tunesischen Diktator dürfte der schweizer Bundespräsident sprechen, da die Schweiz den ersten WSIS ausgerichtet hatte. Als dieser in seiner Rede auf Menschenrechtsverletzungen in Tunesien zu sprechen kam, wurde die Live-Berichterstatung vom WSIS im tunesischen Fernsehen abgeschaltet und die arabische Übersetzung in der "Plenary Hall" gleich mit - vermutlich, damit die Jubel-Tunesier keinen seelischen Schaden nehmen mussten.

Fazit: Was hat`s gebracht?

Dass der WSIS-Prozess seinen Ansatz, "eine gemeinsame globale Vision für die Informationsgesellschaft" nicht halten können würde, war uns schon in der ersten Gipfel-Phase bewusst. Entscheidende Fragen einer sich entwickelnden Informationsgesellschaft, wie beispielsweise der Zugang zu Wissen geregelt werden kann, wurden von den Regierungen abgeblockt und zur WIPO verwiesen. Das Hauptinteresse vieler zivilgesellschaftlichen Vertreter war, zu verhindern, dass die Regierungen nicht zuviel schlechte Sachen beschließen und damit Schaden anrichten - und natürlich die Vernetzung. Letztere hat prima geklappt, denn durch den WSIS-Prozess entwickelten sich Netzwerke über Kontinente hinaus, die sicherlich noch länger Bestand haben werden. In Tunis selbst waren mehr als 25 000 Menschen. Wenn man von den Diplomaten, Lobbyisten, Journalisten, Jubel-Tunesiern und Informationsgesellschafts-Urlaubern absieht, konnte man immer noch genug interessante Menschen kennen lernen oder wieder treffen. Am besten dazu waren die Abende geeignet, wo man sich außerhalb des Messe- und WSIS-Troubles vernetzen konnte. Gleichsam hat das Ziel geklappt, dass die tunesische Regierung den WSIS nicht dazu nutzen konnte, ihre Scheindemokratie im besten Licht erscheinen zu lassen. Die mediale Aufmerksamkeit auf Menschenrechtsverletzungen in Tunesien und die Bedeutung von Menschenrechten in der Informationsgesellschaft war vor allem in den westlichen Medien viel höher als erhofft und erwartet. Auch brachte alleine die Woche in Tunis eine Menge an Erfahrungen, wie es sich in repressiven Ländern lebt. Der ganze WSIS-Prozess brachte viel Einblick in internationale Politik und politische Prozesse. Die funktionieren dort eigentlich wie auf jeder politischen Ebene - mehr ein Jahrmarkt der Eitelkeiten als an Lösungen interessiert. Vor allem ist es eigentlich erschreckend, wie wenig technisches Verständnis Diplomaten und Regierungsvertreter zu haben brauchen, um ihr jeweiliges Land in Fragen der Informationsgesellschaft vertreten zu können. Beim ersten Gipfel vor zwei Jahren formulierten wir noch eine Pressemitteilung mit dem Titel "WSIS - Die UNO sucht die Informationsgesellschaft". Gefunden wurde sie bisher immer noch nicht.

Re: Tunesien News #151766
31/01/2006 19:18
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Themen in dieser Ausgabe:
1. Bundespräsident Johannes Rau
Von: Das Redaktionsteam aktion 18 Oktober

Datum: Sat, 28 Jan 2006 20:15:13 +0100
Von: Das Redaktionsteam aktion 18 Oktober
Betreff: Bundespräsident Johannes Rau

Das Redaktionsteam

Der frühere Bundespräsident Johannes Rau ist tot. Er starb am Freitagmorgen im Alter von 75 Jahren.Wir sind zu tiefst betroffen und möchten unser Beileid zum Ausdruck bringen, insbesondere an seine Familie, die deutsche Regierung und dem deutschen Volk. Johannes Rau war ein großer Politiker und ein großer Mensch und ein Brückenbauer zwischen Politik und Bürgern mit seinem Lebensmotto »Versöhnen statt Spalten».In seinen fünf Jahren als Staatsoberhaupt war die Toleranz gegenüber Ausländern und Andersdenkenden für Rau ein besonderes Anliegen, ebenso das Eintreten für die sozial Schwachen. ....
Source: http://www.aktion18oktober.com/deutsch/index.php

Re: Tunesien News #151767
05/02/2006 15:30
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Presseerklaerung
Von: Solidaritätskomitee für die Bewegung des 18.Oktober in Tunesien

2. Die Tunesische Polizei umstellt Mohamed Nouri in seiner Kanzlei
Von: Aktion 18 Oktober


Nachricht: 1
Datum: Fri, 03 Feb 2006 23:19:45 +0100
Von: Solidaritätskomitee für die Bewegung des 18.Oktober in Tunesien
Betreff: Presseerklaerung

Erklärung des
Solidaritätskomitee
für die Bewegung des 18.Oktober in Tunesien

Unter dem Eindruck der letzten besorgniserregenden Ereignisse in Tunesien geben wir zunächst folgenden Bericht zur Kenntnis.
Es kommt zunehmend zu persönlichen Übergriffen auf Mitglieder der (Aktion 18 Oktober),, mit denen die tunesische Regierung den Druck auf ihre Gegner erhöht und versucht, die Gruppe derjenigen zu demoralisieren, die in Zeiten von Demokratie und Meinungsfreiheit in den europäischen Gesellschaften auf ihrem Grundrecht zur freien Meinungsäußerung bestehen:

1. Auf offener Straße kam es zu tätlichen Übergriffen auf Herrn Hedi Triki, Mitglied des Unterstützungskomitees in Sfax für die "Aktion 18. Oktober".
2. Eine für den 28.01.2006 von der Aktion anberaumte Pressekonferenz wurde kurzerhand verhindert. Sie sollte im Gedenken an den 26.01.1984 stattfinden, als es in Tunesien zu einem Aufstand gekommen war, weil die tunesische Gewerkschaft - übrigens die älteste in Afrika und der arabischen Welt - vom Regime zerschlagen werden sollte.
3. Die Medienkampagne gegen Herrn Nashib Chebbi, RA und Vorsitzender der PDP, hat inzwischen beleidigende und denunziatorische Ausmaße angenommen.
4. Auf dem Weg zum Büro der Zeitschrift "Mauqif", wurden Herr Lotfi Hajji, Herr Hamma Hammami und Herr Ayachi Hammami (Mitglieder von 18. Oktober) auf offener Straße von Polizeibeamten in Zivil zusammengeschlagen. Sie waren auf dem Weg zu einem Treffen der "Aktion 18. Oktober" gewesen.
5. Samir Dilou, RA und Aktionsmitglied, wurde daran gehindert, von Bizerte nach Tunis zu diesem Treffen zu reisen. Er wurde in seinem Wagen festgehalten und daran gehindert loszufahren.
Bereits bei seiner Rückkehr von seiner kürzlich unternommenen Europareise war er auf dem Flughafen beschimpft und schikanös behandelt worden.
6. Das Büro des RA und Aktionsmitglieds Mohamed Nouri, wurde am 28.01.06 von Sicherheitsbeamten umstellt.
7. Die Internetseite des internationalen Journalistenverbandes wurde gesperrt und die Zeitschrift "Mauqif" wurde aus dem Verkehr gezogen.

Das Unterstützungskomitee der "Aktion 18. Oktober" gibt mit höchstem Nachdruck seiner Sorge über diese Repressalien gegenüber ihren Mitgliedern und Unterstützern in Tunesien Ausdruck.
Vor allen Dingen in Sorge sind wir über die zunehmende Brutalität und Unmoral in diesem Konflikt von Seiten des tunesischen Regimes. Es steht zu befürchten, dass alle diejenigen, die von ihrem Grundrecht auf Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit gebrauch machen wollen, dies mit ihrer Existenz und/oder ihrer Freiheit bezahlen werden.
Die Verteidigung dieser Menschenrechte ist vor Beginn des WSIS in Tunis die Initialzündung für das couragierte Eintreten einiger namhafter Vertreter der Zivilgesellschaft Tunesiens gewesen.
Wir appellieren jetzt an die Unterstützung aller Demokraten, damit dieses Licht der Hoffnung nicht wieder erlischt. Ohne den internationalen Druck wird es dem tunesischen Regime ein leichtes sein, alle seine Gegner zu beseitigen und mundtot zu machen! Wir erinnern daran, dass es dort noch immer Hunderte politische Gefangene gibt und bitten um Unterstützung für die Ziele der "Aktion 18. Oktober".

Koordinator
Fathi Ayadi
Sprecher
Mohamed Taha Sabri

www.aktion18oktober.com
info@aktion18oktober.com


Nachricht: 2
Datum: Sun, 29 Jan 2006 21:22:48 +0100
Von: Aktion 18 Oktober
Betreff: Die Tunesische Polizei umstellt Mohamed Nouri in seiner Kanzlei

Die Tunesische Polizei umstellt Mohamed Nouri in seiner Kanzlei

"Das Redaktionsteam


Die Kanzlei vom Rechtsanwalt und Vorsitzenden der Internationalen Verein für die Freilassung der politischen Gefangenen in Tunesien Herrn Mohamed Nouri ist letzte Zeit von verschiedenen Körperschaften der Polizei (spezielle Dienste, allgemeine Auskunft, Staatssicherheitsdienst ect....)umzingelt.. Seine Kunden, werden verhört, schikaniert und durften die Kanzlei nicht betreten ohne zuvor ihre Ausweispapiere abgegeben zu haben, die sie erst beim Verlassen der Kanzlei wieder zurückbekamen.


Alle Räumlichkeiten, die den Vereinigungen in der Zivilgesellschaft möglicherweise als Kommunikationsstandorte dienen könnten (z. B. Oppositionsparteien, die Organisation für Menschenrechte , Tunesische Vereinigung junger Anwälte, sowie der Nationale Rat für die Befreiung Tunesiens... werden einer beständigen Aufsicht unterworfen. Cafés, die den Dissidenten als Treffpunkte dienten, sind von der Geheimpolizei regelrecht kolonisiert worden.
Zahlreiche Aktivisten der Opposition werden teilweise oder ganz beschattet. Die Beschatter sind motorisiert oder laufen zu Fuß.
Am 26.01.06 wurde eine Gedenkfeier für die Opfer der Demonstrationen von 26.01.1978 von der Polizei verhindert und die Mitglieder des Komitees 18. Oktober vertrieben und schikaniert
Auf deutsch gesagt die Zivilgesellschaft und alle die während der Weltinformationsgipfel im November in Tunesien aktiv waren werden momentan brutal bestraft."

Source: http://www.aktion18oktober.com/deutsch/modules.php?name==News&file==article&sid=1

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