Urgent Action
UA-Nr: UA-325/2002
AI-Index: MDE 18/013/2002
Datum: 04.11.2002
ABSCHIEBUNG / DROHENDE FOLTER
Libanon / Tunesien:
Tareq Souid, 30 Jahre alt
Der im Libanon lebende tunesische Flüchtling Tareq Souid ist in Gefahr, in sein Heimatland abgeschoben zu werden, wo ihm Inhaftierung, ein unfairer Prozess und Folter drohen.
Tareq Souid, der Tunesien 1993 verlassen hatte, ist Sympathisant der in Tunesien verbotenen Oppositionsbewegung "Ennahda" (Wiedergeburt). Im September 2001 wurde er vom Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) im Libanon als Flüchtling anerkannt. Am 25. September dieses Jahres nahmen die libanesischen Behörden Tareq Souid fest und sperrten ihn ins Al-Roumieh-Gefängnis. Berichten zufolge legt man ihm "illegale Einreise" zur Last.
Am 1. November 2002 wurde Tareq Souid Meldungen zufolge von den libanesischen Behörden zum Beiruter Flughafen gebracht, um ihn abzuschieben, was jedoch in letzter Minute abgewendet werden konnte. Daraufhin brachte man Tareq Souid in ein Militärkrankenhaus. Gegenwärtig befindet er sich im Gewahrsam der Abteilung für allgemeine Sicherheit, und der Zugang zu seinem Rechtsanwalt wird ihm verwehrt. Es gibt Anzeichen dafür, dass die libanesischen Einwanderungsbehörden in den kommenden Tagen erneut versuchen werden, Tareq Souid nach Tunesien abzuschieben, falls er nicht mit Unterstützung des UNHCR in einem Eilverfahren Aufnahme in einem Drittland findet.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
amnesty international hat wiederholt die Missachtung des Flüchtlingsschutzes durch die libanesische Regierung dokumentiert. Flüchtlinge werden seit Anfang 2001 immer häufiger wegen Verstoßes gegen die Einreise- oder Aufenthaltsbestimmungen festgenommen und in Haft gehalten. Im Rechtssystem des Landes gibt es keine besonderen Schutzvorkehrungen für Flüchtlinge. amnesty international liegen die Namen zahlreicher anerkannter Flüchtlinge unterschiedlicher Herkunft vor, die sich im Libanon in Gewahrsam befinden.
Der Libanon ist zwar kein Unterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, aber das Land ist dennoch durch das Prinzip des "Non-refoulement" verpflichtet, niemanden in ein Land abzuschieben, in dem das Leben und die Freiheit dieser Peron gefährdet sind. Auf der Grundlage des Völkergewohnheitsrechts sind alle Staaten an dieses Prinzip gebunden. Dieses Prinzip des "Non-refoulement" ist nicht davon abhängig, wie diese Person in das Land gelangt ist und ist auch im Falle eines illegalen Grenzübertritts einzuhalten. Nach Auffassung von Völkerrechtlern haben Asylsuchende oftmals keine andere Wahl, als illegal in ein Land einzureisen, um dort Schutz zu suchen. Darüber hinaus ist der Libanon als Unterzeichnerstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass niemand in ein Land abgeschoben wird, in dem der Person Folter oder eine andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen.
EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte Telexe, Telefaxe oder Luftpostbriefe, in denen Sie
die Behören auffordern, dafür Sorge zu tragen, dass Tareq Souid weder direkt oder indirekt nach Tunesien abgeschoben wird;
darauf hinweisen, dass Tareq Souid ein vom UNHCR anerkannter Flüchtling ist, dem im Fall seiner Rückkehr in sein Heimatland politische Verfolgung droht;
die libanesischen Behörden daran erinnern, dass sie ungeachtet der Nichtunterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention durch das Völkergewohnheitsrecht an das Prinzip des "Non-refoulement" gebunden sind;
die Behörden auffordern, unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und Tareq Souid unter anderem auch den Zugang zu einem Anwalt, dem UNHCR und diplomatischen Vertretern eines Drittlandes zu gewähren, um seine Aufnahme in einem Drittland zu ermöglichen und seine Sicherheit bis dahin zu gewährleisten;
darauf dringen, dass entsprechend internationalen Rechtsnormen auch keine anderen Flüchtlinge und Asylsuchenden ungeachtet ihrer Herkunft abgeschoben werden.
APPELLE AN:
Son Excellence, Président Emile Lahoud, Bureau du Président, Palais Ba'abda, Ba'abda, Beirut, LIBANON (Staatspräsident - korrekte Anrede: Son Excellence)
Telex: 0494 21 000
Telefax: (00 961) 1-425 393
His Excellency Elias al-Murr, Minister of Interior and Municipal Affairs, Ministry of Interior and Municipal Affairs, Grand Serail, Rue des Arts et Métiers, Sanayeh, Beirut, LIBANON (Innenminister - korrekte Anrede: Son Excellence)
Telefax: (00 961) 1-427 774
His Excellency Rafiq Hariri, Prime Minister, Office of the Prime Minister, Grand Sérail, Rue des Arts et Metiers, Sanayeh, Beirut, LIBANON (Ministerpräsident - korrekte Anrede: Son Excellence)
Telefax: (00 961) 1-865 630
KOPIEN AN:
Kanzlei der Botschaft der Libanesischen Republik
Berliner Straße 127, 13187 Berlin
(S. E. Herrn Mohamad Mosbah Abdul-Sattar Issa)
Telefax: 030-474 878 58
E-Mail: Lubnan@t-online.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Dezember 2002 keine Appelle mehr zu verschicken.
RECOMMENDED ACTION: Please send appeals to arrive as quickly as possible, in Arabic, English, French or your own language:
- urging the authorities to ensure that Tareq Souid is not forcibly returned, directly or indirectly, to Tunisia;
- noting that Tareq Souid is a refugee, recognised by UNHCR as having well-founded fear of persecution if he were returned to Tunisia;
- recalling that Lebanon is bound by the principle of non-refoulement, a principle of customary international law binding on all states, irrespective of whether they have ratified the 1951 Convention relating to the Status of Refugees;
- calling on the authorities to ensure that all steps are taken, including access to a lawyer, UNHCR and third country consular officials, to facilitate Tareq Souid's resettlement to a third country, as a matter of urgency, and to guarantee his safety and well-being, pending resettlement;
- also urging the authorities to ensure that no refugees or asylum seekers of other nationalities are forcibly returned in violation of international human rights law.