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Donnerstag 11. November 2004, 08:53 Uhr
Palästinenserführer Arafat ist tot


Ramallah/Paris (dpa) - Palästinenserpräsident Jassir Arafat ist am Donnerstag im Alter von 75 Jahren in Paris gestorben. Das teilte der französische General Christian Estripeau mit, der als einziger Mediziner des Militärkrankenhauses Percy bei Paris befugt ist, offiziell über Arafats Zustand zu berichten.

«Ein großes Herz hat aufgehört zu schlagen», sagte Arafats Sekretär Tajib Abdel Rachim am Morgen in Ramallah. Der Palästinenserführer war seit dem 29. Oktober in der Klinik bei Paris behandelt worden. Er litt nach Angaben der Palästinenser zuletzt an Gehirnblutung und Organversagen.

Zum amtierenden Nachfolger war nur Stunden vor Arafats Tod der bisherige Parlamentspräsident Rauhi Fattu ernannt worden. Der Präsident hatte seit Tagen in einem tiefen Koma gelegen, während sich sein Zustand weiter verschlechterte. Für Arafat soll in Kairo eine Trauerzeremonie ausgerichtet werden. Begraben werden soll der Palästinenserführer, der die Politik im Nahen Osten über Jahrzehnte mitbestimmt hat, auf dem Gelände seines Hauptquartiers in Ramallah.

Arafats Sekretär rang beim Verlesen einer vorbereiteten Würdigung zum Teil mit den Tränen. Der Palästinenserführer habe eine «grenzenlose Liebe« für das palästinensische Volk gehabt, welches er dem Traum von einem palästinensischen Staat näher gebracht habe, sagte Rachim. Arafat habe immer dafür gekämpft, «dass sein Volk geeint bleibt«, um eines Tages in einem unabhängigen Staat zu leben, «auf unserem von der Besatzung befreiten Land».

Als Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) prägte Arafat seit 35 Jahren die Politik im Nahen Osten mit. Bei den Palästinensern als Widerstandskämpfer verehrt, von den Israelis als Terrorist gehasst, starb er, ohne seinen Traum von einem unabhängigen Palästinenserstaat verwirklicht zu haben.

Bereits 1988 proklamierte Arafat in Algerien symbolisch einen Staat Palästina. Nach dem Durchbruch in den Autonomievereinbarungen mit Israel erhielt Arafat 1994 zusammen mit dem damaligen israelischen Ministerpräsidenten Izchak Rabin und dem israelischen Außenminister Schimon Peres den Friedensnobelpreis. 1996 wurde er mit großer Mehrheit zum Präsidenten der Palästinenser gewählt.

In den letzten drei Jahren isolierte ihn die israelische Regierung in seinem Hauptquartier in Ramallah von der Welt. Ministerpräsident Ariel Scharon machte ihn für Terroranschläge auf Israelis verantwortlich und drohte ihm sogar die gezielte Tötung an. Die US-Regierung sah in seiner Person zuletzt ein Hauptproblem für den stockenden Friedensprozess. Auch europäische Politiker mieden Arafat, dem eine Blockade notwendiger Reformen in der palästinensischen Autonomiebehörde vorgeworfen worden war.

Bei den Palästinensern blieb er laut Umfragen aber bis zuletzt der beliebteste Politiker, obwohl eine Mehrheit Korruption in seinem Führungszirkel beklagte.

Als Rahman Abdel Rauf Arafat al-Kudwa al Husseini vermutlich in Kairo geboren, gab Arafat selbst seinen Geburtsort mit Jerusalem an. Im Nahostkrieg von 1956 kämpfte er als Offizier auf ägyptischer Seite gegen Israel, ging dann als Bauingenieur nach Kuwait. Zurück in Gaza gründete der 1959 die Fatah-Organisation, die sich Mitte der 60er Jahre den bewaffneten Kampf gegen Israel auf die Fahnen schrieb, und 1969 der PLO beitrat.