http://de.news.yahoo.com/041104/12/4a4yw.html Donnerstag 4. November 2004, 23:40 Uhr
Arafat ringt offenbar mit Tod Achte
Paris/Ramallah (AP) Der Kampf der Ärzte um das Leben des schwerkranken Jassir Arafat ist offenbar aussichtslos. Der französische Sender LCI meldete am Donnerstag unter Berufung auf einen nicht namentlich genannte Arzt, Arafat befinde sich in «irreversiblen Koma» und werde künstlich beatmet. Das PLO-Exekutivkomitee übertrug derweil Ministerpräsident Ahmed Kureia die Befugnis zur Erledigung dringender Finanzangelegenheiten, die normalerweise in der Hand Arafats liegen.
Um das Schicksal des PLO-Chefs rankte sich am Donnerstagabend ein beispielloses Nachrichtenchaos. Französische Ärzte Kureia dementierten Berichte über den Tod Arafats. Unter Berufung auf die Todesnachricht, die im israelischen Fernsehen unter Berufung auf nicht genannte Quellen verbreitet wurde, erklärte US-Präsident George W. Bush zuvor: «Gott sei seiner Seele gnädig.»
Arafats Stabschef Ramsi Churi rief daraufhin einen AP-Reporter an. «Ich stehe hier neben dem Bett des Präsidenten. Er ist in kritischem Zustand», sagte er vom Militärkrankenhaus Percy bei Paris aus. Arafats Leibarzt Aschraf Kurdi sagte dem israelischen Sender Kanal 2: «Arafat lebt noch.» Der belgische Ministerpräsident Jean-Claude Junker veröffentlichte vor den Dementis eine Erklärung: «Herr Arafat starb vor 15 Minuten.» Wenig später zog die Regierung die Erklärung zurück. «Es handelte sich um ein Missverständnis», sagte ein Sprecher.
Gesichert scheint, dass Arafat am Donnerstag ins Koma fiel. Sein Zustand habe sich am Mittwoch dramatisch verschlechtert, und er habe mehrmals das Bewusstsein verloren, sagte ein ranghoher Vertreter der Palästinenser in Paris. Ein palästinensischer Vertreter sagte unter Berufung auf Arafats Frau Suha, ihr Mann sei nach Verabreichung eines starken Narkosemittels für eine Biopsie bewusstlos geworden. Er erhole sich davon aber wieder. Und Kabinettsminister Sajeb Eraket erklärte ebenfalls unter Berufung auf Suha Arafat, sein «Zustand sei stabil aber schwierig».
Arafat war vergangenen Freitag aus Ramallah nach Paris gereist, um sich wegen einer mysteriösen Krankheit behandeln zu lassen. Am Donnerstagnachmittag, kurz vor Verbreitung der Todesnachricht, stattete der französische Präsident Jacques Chirac Arafat einen Besuch ab. «Chirac sah den Präsidenten und seine Frau, der er die besten Wünsche übermittelte», teilte sein Büro mit.
In Ramallah im Westjordanland kamen führende palästinensische Politiker zu einer Krisensitzung zusammen. Kureia und Außenminister Nabil Schaath wollen am Freitag in den Gazastreifen reisen, um einen möglichen Gewaltausbruch zu verhindern, wie ein Mitglied der Autonomiebehörde mitteilte. Die israelischen Streitkräfte wurden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.
Israel befürchtet beim Tod Arafats Ausschreitungen in den palästinensischen Gebieten. Ministerpräsident Ariel Scharon hat bereits angekündigt, er werde nicht zulassen, dass Arafat in Jerusalem beerdigt wird. Die jüngsten Entwicklungen standen am Donnerstag im Mittelpunkt einer wöchentlichen Sitzung der israelischen Sicherheitskräfte, an der auch Heereschef Mosche Jaalon und Verteidigungsminister Schaul Mofas teilnehmen sollten.