Hallo,

war lange nur noch als Leser hier unterwegs (da sich meine persönliche Situation leider geändert hat), aber das ist wieder mal ein Thema, zu dem ich wieder was sagen möchte.

Ich hatte meinen Mann hier in D kennengelernt, er hat zwar kein Schweinefleisch gegessen und den Ramadan immer eingehalten, aber Alkohol war nie ein Thema, beim Thema Kinder waren wir uns einig, dass gemeinsame Kinder nicht in den Islam gezwungen werden, sondern (im richtigen Alter) selbst entscheiden dürfen, wo sie sich zugehörig fühlen und auch sonst gab es keine religiösen Einschränkungen. Er erzählte mir zwar, dass er eine ganz besondere Stellung bei Allah einnehmen würde, wenn er einen Menschen zum Islam bekehrt, aber er würde mich nie unter Druck setzen.

Von einem Tag auf den andern (ca. 2 Wochen nach unserer Heirat) teilte er mir mit, dass er ab sofort auch beten würde. Nun, auch ich hab mich (wie so viele andere hier) mit dem Koran befasst, und hätte mich nie in die Ausübung seiner Religion eingemischt. Es wurden also ein Koran angeschafft, Kassetten, mit denen er den Koran lernte, ein türkisches Geschäft meines Vertrauens gesucht, das nur geschächtetes Fleich verkaufte (das war gar nicht so einfach [Wink] ) usw.
Es stellte sich jedoch heraus, dass es nicht ganz so ohne Berührungspunkte ablief, wie ich mir dachte. Für die Gebete zog er sich zurück, oder ging freitags in die Moschee. Da mir die Gebetszeiten auch bekannt waren, konnte ich problemlos die täglichen Angelegenheiten (die ihn auch betrafen) drum herum organisieren, nur gemeinsame Wochenend-Unternehmungen wurden bissel komplizierter. Was mir jedoch etwas zu schaffen machte, waren die Nebenwirkungen, die auch mich angingen. Keine Berührungen mehr nach dem letzten Abendgebet (sonst hätte er sich gleich wieder rituell waschen müssen), d.h. kein Gute-Nacht-Kuss mehr im Bett, kein Kuscheln. Dann gabs Auslegungsfragen wie "wie muss er sich verhalten, wenn ICH ein Glas Wein getrunken habe". Ich bin keine Alkoholikerin, aber ich wollte mir nicht die Freiheit nehmen lassen, selbst zu entscheiden, ob ich was trinke oder nicht. Da ging die Diskussion im Freundeskreis los, und da der "gelebte Islam" sich schon von Ort zu Ort in TUN unterscheiden kann, gingen die Aussagen von "na, er muss gar nichts machen, ER hat ja schließlich keinen Alkohol zu sich genommen" bis "ER darf 48 Stunden lang keinen Körperkontakt mit mir haben, bis der Alkohol aus meinem Blut ist". Solche Nebenerscheinungen können das Zusammenleben erschweren, das Beten an sich war allein seine Sache, und diese Freiheit würde ich niemandem nehmen. Was mir jedoch am meisten Sorgen machte, war die Frage, ob sich auch in Bezug auf ein zukünftiges gemeinsames Kind seine Ansicht über die freie Religionswahl so gravierend geändert hatte.

Ich finde es normal, dass sich habibti Gedanken macht, wenn sich die Lebenseinstellung des Partners so gravierend ändert. Man selbst kann schlecht einschätzen, inwieweit sich diese plötzliche Religiösität auswirkt, und das macht unsicher.

Nun, diese Fragen haben sich bei mir erledigt, da er nach einem Jobwechsel wieder aufgehört hatte, zu beten, und wir zwischenzeitlich in Trennung leben. Ich wollte hier nur mal einen kleinen Einblick geben, wie sich dieser abrupte Sinneswandel in meinem Leben ausgewirkt hat.

Liebes Grüßle [winken2]