Hallo Nela,
Erstmal: Ich kann Dich gut verstehen. Mir geht es ähnlich.
Ich ärgere mich hier manchmal echt über einige Beiträge. Was hilft es denn jetzt, in der konkreten Konfliktsituation, sich immer wieder anhören zu müssen, daß man alles vor einer Heirat oder vor den Kindern hätte besprechen müssen. Leider halten sich auch nicht alle Männer immer an alle Absprachen (Frauen natürlich auch nicht) und außerdem gibt es Mißverständnisse, verschiedene Auslegungen von einmal Gesagtem usw...Wenn ich das so lese, habe ich manchmal das Gefühl, daß einige Frauen hier ohne persönliche Erfahrung schrieben oder am anfang einer gemischten Beziehung stehen. Viele Schwieirgkeiten entstehen halt erst im Laufe der Zeit.
Sorry - will niemanden direkt angreifen, aber ich finde es nicht fair, Nela so halb zu unterstellen, sie hätte das alles blauäugig ohne Nachzudenken getan.
Mein Mann (wir sind nun fast 10 Jahre verheiratet und haben 2 Kinder) war anfangs gar nicht gläubig, oder zumindest in keiner Weise Glauben praktizierend. Er hat Alkohol getrunken, war nie in der Moschee usw. Nach der Geburt unseres ersten Kindes hat sich da Einiges geändert. Ich denke, das konnte er selbst nicht voraus sehen, daß es einmal so käme und ihm die Religion wichtiger würde. Mit den Kindern hat er dann gemerkt, daß er da auch etwas weitergeben möchte von seinen Werten und seinem Glauben. So ganz geht es mir da auch nicht anders. Vor den Kindern hätte ich auch nie gedacht, daß ich einmal gerne mit meinen Kindern zum Krippenspiel gehen würde. Nun verzichte ich drauf, nachdem ich es 2 x zaghaft angeprochen habe - weil ich denke, mit Familienkrach hätten die Kinder auch kein schöneres weihnachten. Und so ist es auch mit allen anderen Fragestellungen. es ist sehr leicht, zu schreiben, daß man den Kindern das Schweineessen nie verbieten würde - wenn man dann aber in der konkreten Situation ist, fragt man sich, was schlimmer ist: ewiger Zoff oder eben aufs Schwein verzichten. Ich bin 100 pro sicher, daß ewiger streit die Kinder mehr belasten würde. War im übrigen im Kindergarten auch nie ein Problem. Und die Kinder wachsen da auch rein und es wird ihnen auch selbst wichtig.
Ich bin wirklich eine emanzipierte Frau, trotzdem habe ich in keinster weise das Gefühl, daß ich oder die Kinder unterdrückt werden, wenn wir kein Schwein essen oder nicht in die Kirche gehen. Im Gegenteil - ich versuche darüber zu stehen.
Trotzdem gibt es natürlich immer wieder Reibungspunkte und ich bin mir sicher, daß es bei einem Großteil der gemischten Beziehungn so ist. Aktuelles Beispiel: Mein MAnn teilt mir gestern mit, daß er die Kinder für Dienstag vom Kindergarten abmeldet, um mit Ihnen zum Opferfest zu fahren in die Moschee. Ärgert mich im ersten Moment. Ich denke: er könnte ja wenigstens fragen, was ich davon halte. denke ich aber länger drüber nach, so wird mir klar, daß er auch sehr unsicher ist, was ich wohl akzeptiere und was nicht aufgrund zahlreicher Diskussionen in der Vergangenheit. Ich versuche nun eher, es positiv zu sehen, daß er versucht, den Kindern soviel vom Islam mitzugeben (ärgert mich nur, daß ich Ihnen nicht auch ein bißchen das Christentum mitgeben darf, meiner Meinung nach ginge ja Beides).
Aber mein wichtigstes Anliegen mit diesem Beitrag ist es, daß man hier auch über solche Probleme schrieben darf, ohne gleich etwas auf den deckel zu bekommen. Damit will ich hier keinen persönlich angreifen, es ist nur einfach mein Wunsch, damit man sich überhaupt trauen kann, auch mal Schwierigkeiten anzusprechen.
Nela, vielleicht können wir uns ja auch mal privat schriebn (weiß aber bisher nicht wie das geht - bin auch selten hier - aber wird ja rauszufinden sein).
Ich hoffe, keiner ist verärgert, aber es lag mir auf der Seele. Ich denke, wir haben alle darüber nachgedacht, ob wir "unseren" Tunesier heiraten. Einige Schwierigkeiten wachsen eben mit den Jahren, andere werden kleiner (Sprache, Arbeit,...)- es bleibt in meinen Augen eine ewige Herausforderung bis ins späte Alter... (wo lebt man in der Rente???, wo wird der Mann beerdigt...). Es ist eher blauäugig, zu denken, man hätte keinerlei interkulturelle Unterschiede. Die Unterschiede sind da und man muß sie jeden Tag als neue Herausforderung sehen.
Sabine