Herpes-simplex-Virus Typ 2 (HSV-2)
Humanes Herpesvirus Typ 2 (HHV-2)
Zusammenfassung - Erreger - Infektionspforte - Vorkommen und Durchseuchung - Inkubationszeit - Allgemeines - Symptome - Diagnose - Behandlung - Prognose - Besonderheiten

Zusammenfassung
Bei den Herpes-simplex-Viren werden die genetisch nahe verwandten HSV-1 und HSV-2 (andere Bezeichnung: Humanes Herpesvirus HHV-1 und HHV-2) unterschieden. Die Durchseuchung der Bevölkerung mit HSV-2 liegt bei 30-50 %. Dabei verläuft die Erstinfektion, die als Tröpfchen- oder Schmierinfektion erfolgt, häufig unbemerkt. Einzelne Viren überleben in den Nervenzellen nahe der Eintrittspforte und können sich später unter bestimmten Bedingungen (Abwehrschwäche, hormonelle Ursachen, Sonnenlicht) vermehren und die Erkrankung reaktivieren. Typisch für HSV-2 sind Erkrankungen unterhalb der Gürtellinie, also der Herpes genitalis. Bei Abwehrschwäche kann es zu schweren oder gar lebensbedrohlichen Verläufen kommen. Gefürchtet ist auch die oft tödlich verlaufende Herpessepsis des Neugeborenen durch Infektion im Geburtskanal, die durch einen Kaiserschnitt verhindert werden kann. Die Behandlung richtet sich nach der Schwere der Erkrankung. Aciclovir ist ein direkt auf die Herpesviren wirkendes Mittel, das in Salben- und Tablettenform sowie als Infusionslösung erhältlich ist. Als lokale Maßnahme eignet sich auch eine Zink-Schüttelmixtur. Eine komplette Viruselimination ist jedoch nicht möglich.

Erreger
Der Erreger ist ein 150-200 nm großes Virus mit einem DNA-Innenkörper (Core), umgeben von einer Eiweißhülle (Nukleokapsid) aus identischen Untereinheiten (Kapsomeren). Alles zusammen wird von einer Hülle (Envelope) umgeben. Die genetische Verwandtschaft von HSV-2 und HSV-1 ist groß. Das gleiche Krankheitsbild kann daher durch unterschiedliche Virustypen verursacht werden.

Infektionspforte
Übertragung durch Tröpfchen- und Schmierinfektion auf verletzte Haut und die Schleimhäute vorwiegend unterhalb der Gürtellinie. Bei Kindern Infektion in der Gebärmutter vor der Geburt oder häufiger während der Geburt im Geburtskanal. Es ist zu bedenken, dass eine Herpesinfektion der Lippenregion, also ein Herpes labialis, durch den Mundverkehr auch auf die Genitalien übertragen werden kann und dort dann zum Herpes genitalis führt.

Vorkommen und Durchseuchung
Weltweit, Durchseuchungsgrad 30-50 %, da die Infektion vorwiegend genital erfolgt, findet die Infektion meist erst nach der Pubertät statt

Inkubationszeit
2 - 12 Tage

Allgemeines
Der erste Kontakt mit dem Virus verläuft meist unbemerkt und oft ohne Krankheitszeichen. Die eindringenden Viren lösen die Bildung neutralisierender Antikörper aus. Vom Ort der primären Infektion gelangen sie über sensorische Nerven zum zugehörigen Ganglion und lösen dort ebenfalls eine Infektion der Nerven aus. Während der ersten Woche werden sowohl die Viren in der Schleimhaut eliminiert als auch ein Teil der infizierten Nervenzellen. In Form seiner DNA kann das Virus jedoch für das Immunsystem unerkennbar und daher unangreifbar in den überlebenden Nerven überdauern. Diese infizierten Zellen dienen als lebenslanges Erregerreservoir. Sobald die immune Kompetenz des Infizierten abnimmt, kommt es zu einer erneuten "Reinfektion", den so genannten endogenen Rezidiven.

Als Auslöser für eine erneute Virusvermehrung kommen Hautreizungen (Verbrennung, starke Sonnenbestrahlung, Verletzung), Reizungen des Ganglion (Entzündung, zahnärztliche Behandlung) oder systemische Ursachen (Stress, Menstruation, Fieber, Tumorerkrankung, bakterielle Lungenentzündung) in Betracht. Man unterscheidet primäre, nichtprimäre, wiederkehrende und asymptomatische Infektionen. Der Schweregrad der Erkrankung ist meist höher, wenn sie bereits beim ersten Kontakt mit dem Virus auftritt.

Symptome
Typische Erkrankungen für HSV-2 sind:

Vulvovaginitis herpetica
Nach einer Inkubationszeit von einer Woche treten gruppiert stehende Bläschen auf. Sie finden sich in der Scheide, am Muttermundes, im Gebärmutterhals und an der Harnröhre. Dem Ausbruch der Erkrankung gehen oft unspezifische entzündliche Veränderungen an der Harnröhre voraus. Mit der Infektion können zusätzliche Komplikationen auftreten. Dazu gehören hohes Fieber mit schweren Allgemeinsymptomen, Lymphknotenschwellungen und eine Hirnhautentzündung.

Balanitis herpetica oder Balanoposthitis herpetica
Der Vulvovaginitis der Frau entsprechendes Krankheitsbild beim Mann mit gruppierten Bläschen und Geschwüren an der Eichel (Balanitis) oder zusätzlich auch an der Vorhaut (Balanoposthitis) mit gleichem Komplikationsspektrum.

Proktitis (selten)
Infektion der Darmschleimhaut mit Schmerzen beim Stuhlgang und Sekretion. Größtenteils durch HSV-2 verursacht.

Herpessepsis des Neugeborenen
Eine Infektion des Neugeborenen erfolgt meist während der Geburt bei einem floriden Herpes genitalis der Mutter und kann in seltenen Fällen auch von Ärzten, Krankenschwestern oder Besuchspersonen, die Fieberbläschen haben, verursacht werden. Es kommt zu einer schweren und oft auch lebensbedrohlichen Erkrankung des Neugeborenen, die durch einen Kaiserschnitt und allgemeine Vorsichtsmaßnahmen verhindert werden kann.

Diagnose
Im Vordergrund steht die klinische Diagnose. Der direkte oder indirekte Virusnachweis kann über den Bläscheninhalt oder Gewebeproben (Biopsie) erfolgen. Mikroskopisch Nachweis von intrazellulären Einschlüssen und multinukleären Riesenzellen, elektronenmikroskopische Darstellung der Viruspartikel, Immunfluoreszensnachweis mit Möglichkeit der Unterscheidung zwischen HSV-1 und HSV-2 und Nachweis der viralen DNA. Die serologische Diagnostik spielt keine Rolle weil es bei primären- und nicht primären Infektionen zu keinen verwertbaren Schwankungen des Antikörpertiters kommt.

Behandlung
Die Behandlung richtet sich stark nach der Symptomatik und der Schwere der Erkrankung. Ein begrenzter Befall der Haut oder Schleimhäute kann meist unbehandelt bleiben. Zur Austrocknung der Bläschen und Kühlung eignet sich Zinkschüttelmixtur. Bei einer bakteriellen Superinfektion sind gelegentlich Antibiotika und lokal desinfizierende Maßnahmen notwendig. Als spezifisches Mittel steht Aciclovir zur Verfügung. Es wird in die Virus DNA eingebaut und führt dort zu einem Strangabbruch. Die komplette Elimination des Virus ist jedoch nicht möglich. Obgleich das Mittel auch als Tablette zur Verfügung steht, ist die intravenöse Verabreichung wegen der höheren erzielbaren Blutspiegel vorzuziehen. Die Behandlung bleibt daher für schwere oder rezidivierende Krankheitsbilder reserviert.

Prognose
Bei leichten Verläufen (z.B. Stomatitis aphtosa) kommt es zur Spontanheilung. Obgleich eine endogene Reinfektion häufig ist, ist die Prognose gut. Besonders bei Kindern, bei generalisiertem Befall, bei immungeschwächten Patienten und Infektion des Gehirns ist die Prognose ungünstig bis hin zum Tod.

Besonderheiten
Besonders die genitale Infektion ist ein begünstigender Faktor für die Entstehung bösartiger Tumoren.