1. Zur Einführung
" ... das kann doch keine Liebe sein“
Diskriminierung von Binationalen hat viele Facetten – wo fängt sie an und wo hört sie auf?
Wer war zuerst da - das Huhn oder das Ei? So ähnlich könnte die Frage lauten, wenn man sich mit Diskriminierungserfahrungen von Binationalen beschäftigt: Erfolgt Diskriminierung durch Behörden, weil die Gesetze sie quasi dazu nötigen, oder haben Gesetze in den letzten Jahren nur die Legitimation für eine ohnehin vorhandene Diskriminierung geschaffen? Wie auch immer man die Frage beantworten wollte, das Ergebnis ist für die Betroffenen dasselbe. Aber auch das ist erst ein Teil des Problems, denn am Ende bleibt die Frage, welche Rolle der/die einzelne MitarbeiterIn beim Phänomen der Diskriminierung durch Behörden spielt, was ihn zu dieser oder jener Haltung veranlasst und welche Faktoren dazu beitragen könnten, dass sich daran gegebenenfalls etwas ändert. An der Frage der "Scheinehen"überprüfung soll hier exemplarisch ein kurzer Problemaufriss stattfinden.
Bei einer Veranstaltung der iaf Saarbrücken auf Einladung eines saarländischen Standesamtes kam es zu einer interessanten Diskussion. Die sympathische Standesbeamtin schilderte ihr Empfinden, als sie ein binationales Paar vor sich hatte: "Die Deutsche war mindestens zwanzig Jahre älter als ihr afrikanischer Freund und auch von ihrem Äußeren so, dass man sich nicht vorstellen konnte, dass da von Seiten ihres Freundes wahre Gefühle vorlagen. Ich habe die Befragung, die ich ja machen muss um herauszufinden, ob es sich um eine Scheinehe handelt, natürlich sehr vorsichtig gemacht, hatte aber das dringende Bedürfnis, der Frau klarzumachen, dass dieser Mann sie nur ausnutzen wollte."
Im weiteren Verlauf des Abends hat die Standesbeamtin geschildert, in welche Zwickmühle sie und ihre KollegInnen seit dem Inkrafttreten des Eheschließungsrechtsgesetz vom 1.7.98 geraten sind: Danach sind sie verpflichtet, im Verdachtsfall zu kontrollieren (heißt hier konkret z.B.: großer Altersunterschied, mangelhafte sprachliche Verständigung unter den Partnern); tun sie dies nicht und fliegt eine "Scheinehe" irgendwann einmal auf, könnte dies disziplinarische Maßnahmen zur Folge haben. Außerdem stehen sie offensichtlich unter einem gewissen Erfolgsdruck, positive Ermittlungsergebnisse vorzulegen.
Das Fazit dieser Veranstaltung verweist sehr deutlich auf die Vielschichtigkeit der Problematik, die im Rahmen von fabienne behandelt wird: Für die Betroffenen im oben geschilderten Fall ist die Unterstellung einer Scheinehe eine Diskriminierung; betrachtet man den Wortlaut der Äußerungen der Standesbeamtin, kann man ihr auch durchaus eine paternalistisch/sexistische, womöglich auch latent xenophobe Haltung unterstellen. Aber eigentlich ist sie vergleichsweise offen, hat auch von sich aus den Kontakt zur iaf gesucht. Sie handelt – ihrer Meinung nach – in bester Absicht, indem sie versucht, die Frau vor ihrem vermeintlichen Unglück zu bewahren. Unseren Einwand, das sei doch das Problem dieser Frau, ließ sie nicht gelten, da dies ihrem Berufsethos widerspreche – als Standesbeamtin fühlt sie sich gewissermaßen für das Glück ihrer Brautleute verantwortet.
Entscheidend scheint mir an dieser Stelle die Frage der Wechselwirkung von gesetzlichem Rahmen und persönlicher Einstellung von BehördenmitarbeiterInnen zu sein. Inwiefern verstärken Vorschriften und die damit verbundenen politischen Absichtserklärungen vorhandene Vorurteile und stereotype Vorstellungen? Welche Wirkung hätte umgekehrt eine liberale, nicht von Misstrauen sondern Weltoffenheit geprägte Legislation auf die Behördenpraxis? Welche Rolle spielt die Angst vor Erfolgskontrolle durch Vorgesetzte bei den MitarbeiterInnen von Standesämtern, Ausländerbehörden und Auslandsvertretungen – nach dem Motto: "statistisch gesehen müssten Sie in diesem Jahr soundso viele Scheinehen aufgedeckt haben"...?
Die seit Dezember 2000 angelaufenen Arbeiten im Rahmen von fabienne werden durch Untersuchungen auf Seiten der betroffenen Binationalen und der Behörden sowie Sachverständiger die schwierige Frage zu beantworten haben, wie all diese Faktoren zusammenwirken – und wie entsprechende Gegenstrategien aussehen müssten. Im Folgenden werden die derzeitigen Aktivitäten und wichtige Neuigkeiten vorgestellt.
Veronika Kabis-Alamba, Projektkoordinatorin
März 2001
2. "Scheinehen“überprüfungen
Teilprojekt 1:
Verhinderung von Eheschließungen/Scheinehenüberprüfungen
iaf Berlin in Kooperation mit dem Centre for Migration Law, Nijmegen
"Scheinehe": was ist das überhaupt?
In der Entschließung des Europäischen Rates der Justiz- und Innenminister vom 4.12.1997 (AblEG 1997 Nr. Ccc 382, S.1) wird die ?Schein“ehe als eine Ehe definiert, die "allein zu dem Zwecke" geschlossen wird, einem Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsrecht in einem Mitgliedstaat der EU zu verschaffen.
Die Überprüfung von verlobten und verheirateten Paaren stellt folglich auf EU-Ebene eindeutig ein Instrument der Einwanderungspolitik bzw. –kontrolle dar. Diese Einwanderungskontrolle gründet in der Überzeugung, dass es ein wünschenswertes und legitimes Anliegen der Europäischen Gemeinschaft ist, die Zahl der "Drittstaatsangehörigen" zu beschränken. Die Berechtigung dieser Zielvorstellung wird normalerweise nicht in Frage gestellt.
Im deutschen Zivilrecht taucht der Begriff "Scheinehe" nicht auf. Hier ist die Rede von aufhebbaren Ehen, bei denen beide Ehepartner sich bei der Eheschließung darüber einig sein müsssen, dass sie keine eheliche Gemeinschaft begründen wollen. Die (unausgesprochene) Motivation des Gesetzgebers liegt hier jedoch genau wie bei der EU-Entschließung in dem Bestreben, die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen so gering wie möglich zu halten.
Um dieses Ziel zu erreichen, sollen all diejenigen Paare herausgefiltert werden, denen es in Wirklichkeit nicht um eine eheliche Gemeinschaft geht, sondern allein um die Erlangung der Aufenthaltserlaubnis.
Wie oft und wie genau überprüft wird, wie häufig die Eheschließung oder die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis wegen des Verdachts der Scheinehe abgelehnt wird, wie häufig dagegen erfolgreich oder erfolglos geklagt wird und was es kostet, das sind einige Fragen, die wir im Laufe dieses Projektes beantworten möchten.
Außerdem möchten wir wissen, wie die beteiligten Paare selbst diese Überprüfungen empfinden und wie sich die Kontrollen in den Augen der beteiligten BehördenmitarbeiterInnen darstellen.
Hermine Jöst, Berlin
Derzeitige Aktivitäten in diesem Teilprojekt:
auf deutscher Seite:
Kontaktaufnahme zu RechtsanwältInnen in Berlin und Sammlung von Stellungnahmen und Auswertungen von Anwaltsdossiers.
auf niederländischer Seite:
Beschreibung des Hintergrunds zum niederländischen Scheinehengesetz, Sammlung von Informationen darüber, was bis jetzt über die Durchführung bekannt ist, sowie der Rechtsprechung zu diesem Thema; Interviews mit Organisationen, die mit dem Gesetz zu tun haben; Interview mit der Gruppe "Opfer von Scheinehen" und einer Projektgruppe Scheinehen beim Justizministerium. Sammlung und Auswertung von Anwaltsdossiers.
Die Aktivitäten des Hochschulinstituts werden von der Organisation LAWINE (niederländische Frauen mit ausländischem Partner) ehrenamtlich unterstützt.
3. Familienzusammenführung
Teilprojekt 2: Familienzusammenführung
iaf Frankfurt in Kooperation mit Alliances sans frontière und CNAFAL, Paris
Das Verfahren zur Familienzusammenführung aus deutscher Sicht
Die Bearbeitung des Visums zur Familienzusammenführung ist ein Zusammenspiel zwischen deutschen Auslandsvertretungen und deutschen Ausländerbehörden. EhegattInnen Deutscher haben mit der Eheschließung einen Rechtsanspruch auf Einreise und Aufenthalt in Deutschland erworben.
Erfolgte die Eheschließung außerhalb der Bundesrepublik oder konnte zwar im Inland geheiratet, jedoch der aufenthaltsrechtliche Status des Ehegatten nicht im Inland umgewandelt werden, so stellt der ausländische Ehegatte bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung den Antrag auf ein Visum zur Familienzusammenführung. Zuständig ist in der Regel die deutsche Auslandsvertretung im Herkunftsland, es sei denn, der ausländische Ehegatte hat seinen Lebensmittelpunkt in einem anderen Land und kann dies durch eine gültige Aufenthaltsgenehmigung belegen.
Je nach Herkunftsland werden zusätzlich zu der Heiratsurkunde weitere Unterlagen wie Passfotos oder Dokumente gefordert, die eindeutig die Abstammung und die Identität der AntragstellerInnen klären. Die deutsche Auslandsvertretung prüft die Dokumente und leitet den Antrag an die Ausländerbehörde im Bundesgebiet weiter, um deren Zustimmung einzuholen. Die Ausländerbehörde prüft nun im Inland, ob Einreisehindernisse vorliegen wie zum Beispiel ein aktenkundiger illegaler Aufenthalt oder eine bereits erfolgte Abschiebung. Informationen hierüber befinden sich im Ausländerzentralregister und im Schengener Informationssystem und können sowohl von der Ausländerbehörde als auch von der deutschen Auslandsvertretung abgerufen werden.
Liegen keine Einreisehindernisse vor, weder aus Sicht der deutschen Auslandsvertretung noch aus Sicht der Ausländerbehörde, so wird das Einreisevisum erteilt.
Liegen Einreisehindernisse vor, so wird das Visum abgelehnt. Im April 2000 wies das Auswärtige Amt die Auslandsvertretungen weltweit an, zukünftig die wesentlichen tragenden Gründe einer Ablehnung bereits mit dem ersten schriftlichen Ablehnungsbescheid mitzuteilen. Gegen diesen Bescheid können AntragstellerInnen Widerspruch einlegen und leiten damit das Remonstrationsverfahren ein, indem die deutsche Auslandsvertretung noch einmal den Antrag überprüft. Untermauert dieses Prüfverfahren die erste Ablehnung, bleibt den AntragstellerInnen nur noch die Möglichkeit, gegen diese Ablehnung beim Verwaltungsgericht in Berlin Klage zu erheben.
Die häufigsten Einreisehindernisse sind:
• Ausweisung und Abschiebung aus dem Bundesgebiet
• Illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet
• Zweifel an der Identität
In der Praxis können sie einzeln auftreten, oft aber in der Summe.
Ein Einzelfall aus der Beratungspraxis der iaf:
"Meine Frau heißt M. und ist Nigerianerin. Wir heirateten in Nigeria im März 2000. Zwei Tage nach der Hochzeit stellten wir bei der Deutschen Botschaft in Lagos den Antrag auf Familienzusammenführung. Bei der Antragstellung bat ich um schnelle Bearbeitung, u.a. weil ich berufsbedingt auf absehbare Zeit keinen längeren Urlaub nehmen kann, um meine Frau zu besuchen. Man sagte mir in der Botschaft, dass mindestens drei Monate vergehen würden. Wir akzeptierten dies und hakten nicht nach, auch weil uns angedroht wurde, dass Nachfragen zu weiteren Verzögerungen führen!! (Merkblatt der Botschaft)
Die Botschaft beauftragte einen Anwalt, die eingereichten Dokumente zu prüfen. Der Anwalt war ca. 4-6 Wochen später in dem Ort, in dem wir heirateten. Er war bei der Tante von M. , bei der sie aufwuchs, beim Standesamt und in der Kirche, in der meine Frau getauft wurde.
Ich telefonierte ein Dutzend Male, geriet jedoch nur in die Warteschleife und nach einigen Minuten war die Leitung tot. Verzweifelt schickte ich der Botschaft im August 2000 eine e-mail, die allerdings nie beantwortet wurde. Zeitgleich erhielt ich von meiner Frau die Information, dass ihre Taufbescheinigung beanstandet wurde. Zur Klärung der Identität meiner Frau sollte sie ältere Dokumente vorlegen. Deshalb wandte sie sich an den Pastor, der sie damals taufte, denn der nun amtierende kennt meine Frau nicht. Die Botschaft monierte diese Bescheinigung, da der Pastor, der die Bescheinigung ausstellte, nicht mehr in dieser Kirche arbeitete. Nun bezweifelt die Botschaft die Glaubwürdigkeit der Taufbescheinigung, gab diese Information an die Ausländerbehörde in Deutschland weiter, die daraufhin ihre Zustimmung zur Einreise meiner Frau verweigerte. Die deutschen Behörden sagen, es sei unsere Sache, die geforderten Dokumente beizuschaffen. Wir haben aber keine alten Dokumente – und niemand kann uns sagen, was zu tun ist.“
Hiltrud Stöcker-Zafari, Frankfurt
Zur Situation in Frankreich
Visum zum Zwecke der Eheschließung in Frankreich
Die meisten französisch-ausländischen Paare ziehen es vor, in Frankreich zu heiraten, sofern sie die Möglichkeit dazu haben. Die Schwierigkeit liegt in der Erteilung eines Visums, denn selbst wenn die Unterlagen vollständig sind, ist das französische Konsulat nicht verpflichtet, das Visum auszustellen. Das derzeitige Ausländergesetz ("Loi Chevènement") sieht keine Verpflichtung der Auslandsvertretungen vor, die Ablehnung eines Visums für unverheiratete Paare zu begründen. Die Verwaltung kann demnach willkürlich entscheiden. Da ein genereller Verdacht gegenüber binationalen Paaren besteht, scheint die Erteilung oder Ablehnung eines Visums nach dem Zufallsprinzip zu erfolgen.
In Frankreich muss bei der Vorbereitung einer Eheschließung das Aufgebot öffentlich ausgehängt werden. Der/die französische StaatsbürgerIn muss die entsprechenden Schritte bei der Gemeindeverwaltung unternehmen. Vorschriftsgemäß kann das Aufgebot bestellt werden, sobald das voreheliche ärztliche Attest (ist in Frankreich obligatorisch für alle Eheschließungen), das nicht älter als zwei Monate sein darf, und die erforderlichen Personenstandsurkunden vorliegen. Einige Gemeinden, die der Ehe mit MigrantInnen skeptisch gegenüberstehen, verlangen unberechtigerweise zusätzliche Papiere. Dann müssen mitunter die Verbände/Beratungsstellen und manchmal sogar Vertreter der Gerichtsbarkeit ("huissiers de justice") intervenieren, um die Standesbeamten auf die Gesetzeslage hinzuweisen.
Daneben muss der/die französische PartnerIn den Nachweis über Einkommen und Wohnraum erbringen, um zu belegen, dass er in der Lage ist, seine/n künftigen ausländische/n PartnerIn bis zur Eheschließung zu unterhalten. Hierin liegt natürlich eine soziale Diskriminierung, da die Voraussetzungen an Einkommen und Wohnraum nach der Heirat ohnehin entfallen. Gleichzeitig ist klar, dass ein Franzose/eine Französin mit wenig Einkommen Schwierigkeiten haben wird, ins Ausland zu reisen um dort zu heiraten.
Der Zeitraum bis zur Erteilung des Visums beträgt zwischen sechs und zwölf Monaten, was die Ehewilligen auf eine harte Probe stellt und sie oft dazu veranlasst, schließlich doch im Ausland zu heiraten.
Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass in Ländern mit muslimischer Rechtsordnung französische Männer, die eine Muslimin heiraten möchten, zuvor zum Islam konvertieren müssen.
Nachzugsvisum für den/die EhegattIn einer/eines französischen StaatsbürgerIn
Wenn das Paar im Herkunftsland des/der ausländischen PartnerIn heiratet, ist das Visumsverfahren einfacher. Ein Nachweis über Einkommen muss nicht erbracht werden, da der/die ausländische PartnerIn bereits ab dem ersten Jahr des Aufenthalts in Frankreich arbeiten darf.
Im Übrigen ist das Konsulat verpflichtet, die Ablehnung eines Visums zu begründen. Wenn zwei Monate nach Antragstellung keine Antwort durch das Konsulat erfolgt ist, bedeutet dies eine stillschweigende Ablehnung. Der/die AntragstellerIn hat dann das Recht, eine Begründung für die Ablehnung zu verlangen. Seit Inkrafttreten dieser Neuregelung hatte dies erfreulicherweise zur Folge, dass die Visa in der Regel innerhalb von zwei bis drei Monaten erteilt wurden.
Die europäische Entschließung über Maßnahmen zur Bekämpfung von Scheinehen hat jedoch ihre Auswirkungen gezeigt. Bei begründetem Verdacht kann das Konsulat die Registrierung der Eheschließung im französischen Personenstandsregister verzögern. In dieser Zeit kann auch das Visum nicht beantragt werden, da die Registrierung zu den erforderlichen Dokumenten zählt.
In den Sprechstunden von Alliances sans frontière erleben wir eine deutliche Verbesserung bei der Erteilung von Visa für Paare, die im Ausland geheiratet haben (vgl. in Deutschland: Visa zur Familienzusammenführung). Dies gilt jedoch nicht für die, deren Eheschließung erst bevorsteht (Visa zur Eheschließung). Dadurch werden viele Paare faktisch gezwungen, übereilt zu heiraten, statt ihnen die Chance zu geben, sich zunächst besser kennenzulernen.
Jeanne Ouchelh
Die Aktivitäten im Rahmen von "fabienne":
Die Projektpartner iaf Frankfurt und Alliances sans frontière/CNAFAL, Paris sind derzeit dabei, Fälle zusammenzutragen und daran herauszuarbeiten, wo die Schwierigkeiten im Einzelnen liegen. Sobald der Fragebogen zu fabienne vorliegt, werden umfangreichere statistische Daten erhoben. Die Untersuchung und Darstellung des rechtlichen Rahmens soll dazu dienen, einen Vergleich zwischen beiden Ländern herzustellen und abzugrenzen, wie gesetzliche und behördliche Diskriminierung ineinanderspielen.
4. Gleichgeschlechtliche Binationale
Teilprojekt 3: Gleichgeschlechtliche binationale Paare
iaf Bremen
Kurzinformation für binationale gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland zum Gesetz über die "Eingetragene Partnerschaft":
Am 10.11.2000 hat der Bundestag das Gesetz über die sogenannte "Homoehe" verabschiedet. Es sollte im Sommer 2001 in Kraft treten, allerdings hat Ende Februar das Bundesland Thüringen angekündigt, dass es eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht einlegen will. Ist das Bundesverfassungsgericht der Ansicht, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, erklärt es das Gesetz für nichtig. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung des Gesetzes außerdem bis zu seinem Urteil durch eine einstweilige Anordnung aussetzen.
Nachfolgend sollen die dringendsten Fragen binationaler lesbischer und schwuler Paare zu diesem Gesetz - nach dem derzeitigen Stand - beantwortet werden:
Was bringt das Gesetz für binationale Paare in Deutschland?
In weiten Teilen wurde die rechtliche Situation binationaler gleichgeschlechtlicher Paare, die willens sind sich eintragen zu lassen, der von binationalen Ehepaaren angeglichen.
Das heißt, es wird im wesentlichen als Folge einer Eintragung
• einen Rechtsanspruch auf Aufenthalt (Aufenthaltserlaubnis) für ausländische PartnerInnen Deutscher,
• einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung,
eine frühzeitige Möglichkeit der Einbürgerung,
• einen besonderen Ausweisungsschutz für PartnerInnen Deutscher,
• ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, wenn die PartnerInnen sich nach Ablauf von zwei Jahren trennen,
• die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach 3 Jahren für eingetragene PartnerInnen Deutscher,
• die Aufenthaltsberechtigung nach 5 Jahren für eingetragene PartnerInnen Deutscher
geben.
Was gibt es (vorerst) nicht?
Das Gesetz wurde zweigeteilt, da bestimmte Regelungen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Diese zustimmungsbedürftigen Vorschriften könnten von der Mehrheit des Bundesrates abgelehnt werden.
In diesem Gesetzespaket sind insbesondere enthalten:
• Änderungen des Konsulargesetzes, die auch die Partnerschaftsregistrierung vor einem deutschen Konsularbeamten im Ausland ermöglichen würde.
• einige ausländerrechtliche Verordnungen, die das Verfahren regeln (z.B. wo der Antrag auf Aufenthaltserlaubnis zu stellen ist, Gebührenfragen etc.)
• die Änderungen im EG-Freizügigkeitsrecht (Aufenthalt des ausländischen Partners eines EG-Freizügigkeitsberechtigten)
Gerade dieser Part ist im EU-Zusammenhang von großer Bedeutung. Sollte es bei Inkrafttreten des Gesetzes immer noch keine Angleichung im EG-Freizügigkeitsrecht geben, so können die PartnerInnen von EU-Staatsangehörigen aber voraussichtlich eine Aufenthaltserlaubnis über das nationale Ausländerrecht erhalten, da sie nicht schlechter gestellt werden dürfen als Deutsche.
Was geschieht mit der geltenden Aufenthaltsmöglichkeit (Ländererlassregelungen)?
Die bisher in vielen Bundesländern praktizierte Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis als schwuler Partner oder lesbische Partnerin zu erhalten, könnte zurückgenommen werden, da es nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes keinen Raum mehr für diese Aufenthaltsmöglichkeit geben könnte.
Hier kann man derzeit relativ zulässig nur sagen, dass der Runderlass des Landes Sachsen-Anhalt über den Aufenthalt nichtehelicher (gleichgeschlechtlicher und verschiedengeschlechtlicher) Paare wohl weiter gelten wird.
Können lesbische und schwule binationale Paare in anderen Ländern eine eingetragene Partnerschaft eingehen?
Das richtet sich in erster Hinsicht nach den Regelungen des betreffenden Landes (z.B. Niederlande, Dänemark, Norwegen, Schweden, Frankreich etc.).
Die Wirkungen einer im Ausland eingetragenen Lebenspartnerschaft gehen jedoch nicht weiter als nach den geltenden Bestimmungen in Deutschland.
Was sonst noch?
Für die bisher erteilten Aufenthaltserlaubnisse über die sogenannten "Ländererlasse" fordern wir Bestandsschutz. Durch die Eintragung erhalten die LebenspartnerInnen viele weitere Rechte und Pflichten. Sehr wesentliche Fragen (z.B. Steuerrecht) sind aber leider noch in dem zustimmungspflichtigen Gesetzespaket enthalten.
Dr. Jörg Wegner, Bremen
Hoffen auf die Pink Card
Schwul sein und Migrant – noch immer bedeutet dies eine doppelte Stigmatisierung. Der inzwischen verstorbene Bischof Dyba hat mit seinen zynischen Worten von den ?importierten Lustknaben“ ausgesprochen, was so mancher in diesem Lande denken mag. Die Realität sieht für ausländische und binationale gleichgeschlechtliche indes alles andere als lustvoll aus, führt man sich vor Augen, mit welchen ausländer- und arbeitsrechtlichen Schwierigkeiten sie zu kämpfen haben.
Für Rainer, Deutscher aus Bremen, und Ales, GUS-Bürger, war einige Monate, nachdem sie sich kennengelernt haben, klar, dass sie zusammenleben möchten, und zwar in Deutschland. Das Einreisevisum musste Ales vom Ausland aus beantragen; dazu schlossen die beiden einen notariell beurkundeten Partnerschaftsvertrag. Rainer musste eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, wonach er für sämtliche durch Ales’ Aufenthalt in Deutschland entstehenden Kosten aufkommt. Darüber hinaus musste Rainer Nachweise über die Größe seiner Wohnung und die Höhe seines Einkommens erbringen und eine teure, private Krankenversicherung für ihn abschließen. Er konnte es – manch anderer Angestellter wäre spätestens am Geld gescheitert. Zu geringes Einkommen, Student oder gar arbeitslos? Keine Chance auf ein Visum.
Ales jedenfalls hat es geschafft. Er lebt inzwischen seit einem halben Jahr mit Rainer zusammen in Bremen. Die erste Euphorie über die geglückte Einreise ist allerdings verflogen, denn es haben sich ungeahnte Schwierigkeiten aufgetan: Mit der zunächst auf ein Jahr befristeten Aufenthaltserlaubnis ist keine Arbeitsberechtigung verbunden. Für den Akademiker, der im Consulting-Bereich bei internationalen Firmen elf Jahre lang in seiner Heimat und anschließend in Australien gearbeitet hat, eine unerträgliche Situation. Ähnlich wie für Flüchtlinge gilt, dass er sich zwar einen Arbeitsplatz suchen kann, das Arbeitsamt aber über mehrere Wochen hinweg prüft, ob kein Deutscher, EU-Bürger oder sonstiger Berechtigter auf die Stelle vermittelbar wäre. So schreibt Alex, nachdem er auf eigene Kosten einen Deutschkurs absolviert hat, Woche für Woche drei bis vier Bewerbungen. Wenn es zu Vorstellungsgesprächen kommt, gerät er jedes Mal in die unangenehme Situation, erklären zu müssen, weshalb er keine Arbeitserlaubnis hat.
Auf Rainer lastet der Druck, die Verantwortung für ein ausreichendes Einkommen haben und für alles gerade stehen zu müssen. Aus Ales’ Worten ist deutlich herauszuhören, wie die Nerven blank liegen, wie sehr er sich gedemütigt fühlt, von einem Partner abhängig zu sein.
Wie auch viele andere schwule und lesbische Paare hoffen Rainer und Ales in nun auf das neue Lebenspartnerschaftsgesetz. Damit wäre der derzeitigen Rechtsunsicherheit in punkto Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis endlich ein Riegel vorgeschoben. Der seit 1996 durch höchstrichterliche Rechtsprechung ermöglichte Ermessensaufenthalt wird, obwohl er bundesweite Gültigkeit hat, beispielsweise in Bayern und Baden-Württemberg völlig ignoriert. Selbst in den Bundesländern, in denen es nach gegenwärtiger Rechtslage vergleichsweise gut läuft, kommt es zu Problemen mit den zuständigen Ausländerbehörden, wo homophobe und fremdenfeindliche Einstellungen die Antragstellung mitunter zum Spießrutenlauf machen. Wird der Antrag positiv beschieden, gibt es dann frühestens nach fünf Jahren eine eigenständige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Die im Gesetzentwurf zum Lebenspartnerschaftsgesetz vorgesehenen Änderungen würden zahlreiche Probleme, mit denen ausländische Schwule und Lesben zu kämpfen haben, lösen.
Veronika Kabis-Alamba
in: Persembe/taz, 28.09.2000
5. Diskriminierung im öffentlich-institutionellen Bereich am Beispiel Österreichs
Teilprojekt 4: Diskriminierung binationaler Familien und Partnerschaften im öffentlich-institutionellen Raum am Beispiel Österreichs
FIBEL, Wien in Kooperation mit iaf, Frankfurt
Als Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Interessen von Menschen in binationalen/ bikulturellen Partnerschaften und Familien wahrzunehmen, sieht die Fraueninitiative Bikulturelle Ehen und Lebensgemeinschaften/Wien in der Bekämpfung aller Formen gesellschaftlicher Diskriminierung sowie in der Beseitigung von Vorurteilen und Feindbildern eine ihrer dringlichsten Aufgaben, die auch in den Vereinsstatuten verankert ist.
In ihrer Beratungsarbeit wurde FIBEL in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Diskriminierungserfahrungen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen konfrontiert.
Erfahrungen und Beobachtungen, die auch in der Beratungsstatistik des Vereins (FIBEL-Jahresbericht 1999) ihren Niederschlag finden: Strukturelle Benachteiligungen von PartnerInnen, die aus Drittstaaten stammen, sind auf entsprechende legislative und administrative Rahmenbedingungen zurückzuführen, die die soziale Lage der Betreffenden und ihrer Familien in den meisten Fällen dauerhaft erschweren.
Fremdenfeindlich motivierte Diskriminierungen und Ausgrenzungsstrategien beschränken sich den Beobachtungen und Erfahrungen der Betroffenen zufolge nicht nur auf den öffentlichen Raum: In zahlreichen Gesprächen im Rahmen der Beratung, der Offenen Gruppen der FIBEL (regelmäßig organisierter und von FIBEL-Mitarbeiterinnen geleiteter Erfahrungs-und Informationsaustausch von Frauen in binationalen Partnerschaften) und eines mehrteiligen Workshops zum Thema "Rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Diskriminierungen und Übergriffe - Erfahrungen und Gegenstrategien" wurde deutlich, dass die Ablehnung, Herabsetzung und Ausgrenzung des nicht-österreichischen Partners sehr oft auch durch die Eltern der österreichischen Frau sowie durch ihre Verwandten, Freunde, Arbeitskollegen und durch die Nachbarschaft erfolgt.
Diskriminierungserfahrungen bleiben den Aussagen unseres InteressentInnenkreises aber auch oft Kindern aus binationalen/bikulturellen Ehen nicht erspart: Sichtbare Differenzen (z.B. dunklere Haut-und Haarfarbe, Akzent) werden zum Anlass genommen, die Betreffenden verächtlich zu machen und auszugrenzen).
Ziel der Studie im Rahmen von fabienne ist es, Diskriminierungen zu identifizieren sowie Vorschläge und Maßnahmen zur Vorbeugung und Verhinderung von Diskriminierungen von Menschen in binationalen bzw. bikulturellen Partnerschaften und Familien im öffentlich-institutionellen Bereich zu erarbeiten.
Ein Hauptaugenmerk wird vor allem auch der Mehrfachdiskriminierung unserer Zielgruppe gelten, wobei die Merkmalkombination Geschlecht/ethnische Herkunft/soziale Rangzugehörigkeit besonders berücksichtigt werden soll. Dies begrifft vor allem Frauen in binationalen Partnerschaften bzw. Migrantinnen in binationalen Partnerschaften. Dieser zentrale Aspekt solle auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Untersuchung Beachtung finden.
Unser Hauptaugenmerk gilt dabei Diskriminierungen, Ungleichbehandlung und Ausgrenzungspraktiken aufgrund
• rechtlicher Rahmenbedingungen (Gesetze, Verordnungen)
• der Interpretation und Umsetzung rechtlicher Vorgaben in der Administration und durch die Exekutive;
Untersucht werden soll, wie sich dies auf die Partnerschaft und das Familienleben binationaler/bikultureller Paare auswirkt.
Gefragt wird nach der Umsetzung folgender Verfahren:
Erteilung von Aufenthaltstiteln (Niederlassungsbewilligung, Visa) für
• Familienangehörige
• Erwerb der Staatsbürgerschaft
• Amtshandlungen von seiten der Exekutive
Außerdem wird untersucht, ob und inwiefern sich das "Fremd-und Anderssein" in den oben genannten Bereichen (Durchführung der Verfahren) widerspiegelt:
Ausgehend von unseren bisherigen Beobachtungen, dass Diskriminierungen und Ausgrenzungen oftmals auf Ressentiments und Ängsten gegenüber ethnischen und kulturellen Differenzen beruhen, werden wir uns der Frage nach öffentlich artikulierten, objektiv erfahrbaren und beobachtbaren sowie subjektiv erlebten Diskriminierungen aufgrund folgender Faktoren widmen:
• nationale/ethnische Herkunft
• Konfessionszugehörigkeit
• äußere physische Merkmale (z.B. Haut-und Haarfarbe)
• Deutsch als Fremdsprache (z.B. Akzent, Gebrauch der Semantik und Syntax)
• äußerlicher und innerlicher Habitus als Teil der eigenen kulturellen Identität (Kleidung, Praktizieren religiöser, kultureller, traditioneller Gepflogenheiten des Herkunftslandes, Freizeitverhalten, Einstellungen und Meinungen, soziale Kontakte, Ausübung der Muttersprache);
• Vorurteile und Fremdbilder (Wesens-und Verhaltenszuschreibungen gegenüber bestimmten MigrantInnengruppen)
Gertrud Schmutzer/Petruska Krcmar, Wien
6. Nachdenkliches
Nachdenkliches aus dem World Wide Web
If we could shrink the earth’s population to a village of precisely 100 people, with all the existing human ratios remaining the same, it would look something like the following:
There would be:
57 Asians
21 Europeans
14 from the Western Hemisphere, both north and south
8 Africans
52 would be female
48 would be male
70 would be non-white
30 would be white
70 would be non-Christian
30 would be Christian
89 would be heterosexual
11 would be homosexual
6 people would possess 59 % of the entire world’s wealth and
all 6 would be from the United States.
80 would live in substandard housing
70 would be unable to read
50 would suffer from malnutrition
1 would be near death
1 would be near birth
1 (yes, only 1) would have a college education
1 would own a computer
When one considers our world from such a compressed perspective
the need for acceptance, understanding and education becomes
glaringly apparent.
http://www.fabienne-iaf.de/seiten/d_body5_1.html