Ich bin in Wien. Zur Zeit (Genauer gesagt: Heute noch) habe ich Urlaub und ab Morgen muß ich wieder arbeiten gehen.

Dass Dir meine Art die Dinge zu beschreiben gefällt, freut mich natürlich. Ich tue allerdings nichts anderes, als Momente zu fokussieren und so ehrlich wie möglich aufs Papier zu bringen. Theorien sind für mich zu müssig; es kann keinen präzisen Überblick über die Befindlichkeiten über eine Landeskultur geben. Und so nutze ich eben das Fenster, dass sich mir öffnet und beschreibe sehr subjektiv die persönlichen Eindrücke.

Sie standen an der Promenadenmauer, dort, wo die Festbühnen aufgebaut waren, saßen auf der Mauer und gondelten mit ihren Mopeds herum, Jungs von geschlechtsloser Schönheit, aus der Ewigkeit gekippt. Eigentlich mehr als die Summe der Worte die sie beschreiben könnten, scheinen sie das Rufzeichen hinter dem Wort: "Jugendlich" zu sein. Jene lauernde, prätentiöse Haltung, Blicke die taxieren und den Wert eines Menschen bemessen wollen, habe ich an ihnen nicht entdeckt. Und ich denke nicht, dass ich ein Mensch bin, der sich zu subjektiv an engen Gedanken erfreut.
Es mag sein, dass ihnen vieles fehlt, dass ein europäischer Junge zum Glück braucht; wenn es ihnen abgeht, so haben sie das Fehlen dieser Güter und Scheinfreiheiten in ihr Leben integriert; der Hunger hält sich in Grenzen, gibt aber ihren Blicken eine ganz eigene Qualität.

Ich ging einfach hin, setzte mich auch auf die Mauer und sah mich um. Auf der Straße, wo das Leben pulsierte und lachte und suchte und wartete, und nach hinten, über das Ödland zum Strand, wo sich die Ewigkeit des Meeres mit der Landmasse verband. Obwohl ich durchaus weiß, dass ich hier fokussiere, muß ich doch auch schreiben, dass über allem ein Hauch unschuldiger, wilder Sexualität waberte wie eine Strahlung, eine unfühlbare Vibration, die durchaus auch nervös machen kann. Kickt man diesen Fokus beiseite, bleibt ungetrübte Lebensfreude.

Tiefer zu blicken blieb mir verwehrt. Ich kenne ihre Sorgen nicht, den Hunger des täglichen Lebens, die Wirren religiöser Verpflichtungen. Ich kann nur beschreiben, wie sie auf mich wirkten. Also maße ich mir in keinster Weise an, das Leben er Jungs in Tunesien zu bewerten. Das sollen andere tun. Sehr wohl kann ich aber mein Empfinden bewerten.

Jedenfalls fand ich dort ein Lebensgefühl, das eben sehr wohl doch von den Einheimischen bestimmt wird und nicht von den Touristen, die sich wie Metastasen an den uralten Kulturen mästen, und an den biegsamen Leibern der Jugendlichen. Es liegt nun an mir selbst, viel von der Atmsophäre, die ich in mich aufgenommen habe, zu konservieren und weiterzugeben.

Beste Grüße,

Peter