Hallo zusammen
Ich bin seit vier Jahren glücklich mit einem Tunesier verheiratet und habe mich auch intensiv mit den "Gepflogenheiten" in Tunesien auseinander gesetzt. Auch wir haben für uns entschieden, dass wir unsere ersten Jahre in der Schweiz verbringen werden, da wir hier viel wichtigere Dinge wie "ich darf nicht alleine in die Disco" etc. von einem Leben in Tunesien abgehalten haben. 1. ist die soziale Absicherung ein Problem. Klar, in Tunesien helfen sich die Familien untereinander, wenn mal jemand kein Geld, kein Essen etc. hat. Doch sowas wie ein Sozialamt, wenn's dann mal wirklich ganz schlimm würde, gibts in Tunesien nicht. Genau so wenig wie eine Arbeitslosenkasse. Was wenn mein Mann plötzlich keine Arbeit mehr hätte? Auch die Versicherungen sind meist nicht das, was man sich darunter vorstellt, und auch im Gesundheitswesen muss man doch einige Dinars locker machen, bevor man behandelt werden kann. Wenn ich hier jedoch von einem goldenen Käfig lese, sträuben sich mir die Haare. Wenn ich in Tunesien bin, kann ich mich absolut frei bewegen, alleine einkaufen gehen, mit Freundinnen durch die Souks schlendern und auch mal ein Eis essen. Und wenn's dann eben "nur" in der Touristenzone möglich ist. Aber wenn ich mich doch dazu entschliesse, mein zukünftiges Leben in einem Land, das so unterschiedlich zu meinem ist, zu verbringen, ja dann ist es doch auch selbstverständlich, dass man sich an gewisse Dinge anpassen muss. Oder soll es selbstverständlich sein, dass man von den Leuten in Tunesien verlangt, sie müssten unser europäisches Tun und Lassen einfach so akzeptieren? Das tun wir doch von unseren Ausländern in Deutschland, Schweiz etc. genau so wenig? Ich kann doch nicht mein bisheriges Leben von Europa einfach so mit nach Tunesien nehmen? Und wenn dann eben ein Discobesuch ohne Mann nicht mehr möglich ist, ja was ist denn wichtiger? Die Disco oder die Familie? Ich habe in all den Jahren schon einige befreundete Paare kennengelernt, deren Beziehungen ganz einfach daran gescheitert sind, dass sich die Partner nicht anpassen wollten. Sei es der Tunesier nicht an Europa genau so wie die Europäerin nicht an Tunesien. Wir mit unserer ach so tollen Freiheit verlangen sehr viel von den Tunesier ab. Aber wo bleibt denn unsere persönliche Anpassung?
Ich möchte hier ganz klar sagen, dass auch ich gegen eine absolute Kontrolle von Seiten des Mannes bin. So soll es ja auch nicht sein. Aber ich bin auch schon oftmals froh darüber gewesen, dass ab und zu mal ein männliches Familienmitglied in der Nähe war. Denn somit wurde ich von den Belästigungen gewisser Machos verschont. Zudem was heisst hier Kontrolle? Solange ich mich entsprechend in Tunesien verhalte und aufführe, brauche ich doch überhaupt nichts zu befürchten, was Kontrolle betrifft etc.
Ich habe damals von meinem Mann ganz klar verlangt, dass er sich hier anpassen muss und eben auch mit UNSEREN Sitten und Bräuche eine Akzeptanz finden muss. Aber genauso klar war es für mich, dass ich eben gewisse Dinge in Tunesien nicht oder nur beschränkt tun kann, als ich es mich von hier gewohnt bin.
Es ist im Leben stets einfacher, wenn man sich gegenseitig anpassen kann und nicht immer auf den Punkt hackt: "Ich bin eben so, und die Leute haben dies zu akzeptieren."
Es grüsst Euch
Kira 