Inteview mit Moufida Tlatli - Regisseurin

Die tunesische Filmemacherin Moufida Tlatli erzählt, wie ihre eigene Geschichte sie zu ihrem dritten Spielfilm inspiriert hat, einem erschütternden, radikalen Werk.


Wie ist ihr Kontakt zu ARTE entstanden, und was hat den Anstoß zu diesem Film gegeben?
Ich hatte bereits mit ARTE zusammengearbeitet, denn mein zweiter Film, „ Zeit der Männer, Zeit der Frauen“ (2000) wurde von ARTE koproduziert. Fabienne Servan-Schreiber hat mich gebeten, an der Reihe „Mères/Filles“ mitzuwirken. Als dieser Vorschlag kam, steckte ich gerade mitten in einer Depression: Die ersten Anzeichen der Wechseljahre machten mir sehr zu schaffen, und die Beziehung zu meiner Tochter war von Angst geprägt. „Rivalinnen“ beruht also auf meinem eigenen Erleben, aber auch auf der Geschichte einer Frau, deren Bekanntschaft ich gemacht habe: Die Vorwechseljahre hatten sie in den Wahnsinn getrieben, und sie zerriss alles, was rot war. In meinem Film vermischen sich diese beiden extremen Geschichten.

Die Wechseljahre sind ein Thema, das in Filmen nur selten zur Sprache kommt.
Das stimmt, über die Wechseljahre wird wenig geredet, obwohl es sich um ein universelles Thema handelt. Ich denke, dass viele Frauen sich in diesem Film wiedererkennen können, auch wenn ich die Thematik auf extreme Weise behandele. Eine Frau an der Schwelle der Wechseljahre kann durchaus gewalttätig werden, weil sie die Problemchen ihrer Tochter nicht mehr erträgt, die im Gegensatz zu ihr selbst noch über alle Reize der Jugend verfügt. In dem Spiegel, den ihre Tochter ihr vorhält, erblickt die Mutter ihren eigenen Verfall, und die Gefühle der Weiblichkeit und der Lust scheinen für immer zu schwinden. Ich wollte diesen dramatischen, kompromisslosen Absturz darstellen, den eine Mutter erlebt, wenn sie ihren Status als Frau verliert. Vielleicht bringe ich noch einen zusätzlichen Aspekt ins Spiel, indem ich die Geschichte in meinem Heimatland spielen lasse.
Mein Film zeigt das moderne Tunesien, das bereits ab 1956 Maßnahmen zur Emanzipation der Frau ergriff (z.B. durch die Legalisierung der Abtreibung und die kostenlose Pille). Doch er zeigt auch das Gesicht eines Landes, auf dem noch das Gewicht der Traditionen und erzieherischen Werte der Vergangenheit lastet, d.h. der Zeit meiner Mutter oder meiner Großmutter, die diese Freiheit noch nicht hatten.

Wie haben Sie die Schauspieler ausgewählt?
Für die Rolle der Nadia suchte ich eine mollige Frau, denn in den Vorwechseljahren nimmt man stark an Gewicht zu. Doch als ich Hiam Abbass gesehen habe, habe ich dieses Streben nach Realismus aufgegeben. Ich habe sofort gespürt, dass sie gar nicht so mager ist, wie sie aussieht, und dass es nicht auf das Aussehen ihres Körpers ankam, sondern auf ihr eigenes verzerrtes Bild davon. Beim Drehen hat Hiam uns alle durch ihre entwaffnend aufrichtigen Tränen hinters Licht geführt, die weder vorgetäuscht noch erzwungen waren. Für mich bedeutete das, dass ihre Rührung echt war. Für die Rolle der Tochter, Sarra, habe ich Dorra Zarrouk gewählt, die für mich die ganze Freiheit und Modernität der tunesischen Frau von heute verkörpert.

Die Regisseurin:
Die tunesische Filmemacherin Moufida Tlatli realisierte mit "Rivalinnen" ein berührendes Porträt einer Frau, die in ein Alter kommt, in dem sie von psychischen Problemen geplagt, durch ihr verändertes Verhalten ihr familiäres Umfeld verunsichert. Tlatli wird in Tunis geboren und absolviert zwischen 1966 und 1968 die Pariser IDHEC (Institut des Hautes Etudes Cinématographiques). Danach kehrt sie nach Tunis zurück, arbeitet aber weiterhin auch in Paris als Cutterin an zahlreichen tunesischen Spielfilmen mit, darunter für Filmemacher wie Michel Khleifi, Férid Boughedir und Nacer Khemir. Mit ihrem Regiebebüt "Das Schweigen des Palastes" (1994) erhält Tatli eine lobende Erwähnung der Jury "Caméra d'Or" in Cannes. Nach ihrem erfolgreichen Film "Die Zeit der Männer" (2000) ist "Rivalinnen" ihr drittes Werk.