Dienstag 8. April 2003, 15:06 Uhr
Deutsch-tunesisches Abkommen zur Terror-Bekämpfung
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Tunis/Berlin (AP) Ein Jahr nach dem Anschlag auf der tunesischen Ferieninsel Djerba haben Deutschland und Tunesien eine engere Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Terrorismus vereinbart. Bundesinnenminister Otto Schily und sein tunesischer Amtskollege Hedi Mhenni unterzeichneten am Dienstag in Tunis ein Abkommen, das auch die Kooperation bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Rauschgiftkriminalität regelt.
Am 11. April 2002 waren bei einem Terroranschlag auf eine Synagoge auf Djerba 21 Menschen ums Leben gekommen, darunter 14 Deutsche. Mit dem Abkommen soll vor allem der Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden beider Länder verbessert werden. Bereits jetzt hat das Bundeskriminalamt einen Verbindungsbeamten in Tunesien.
Ähnliche Abkommen bestehen bereits unter anderem mit Polen, Litauen und Slowenien. Zuletzt hatte Schily im März ein bilaterales Abkommen zur Kriminalitätsbekämpfung mit der Türkei unterzeichnet.
http://www.bmi.bund.deMittwoch 9. April 2003, 06:31 Uhr
Der Terror holte die Urlauber ein
Frankfurt/Main (AP) Der verheerende Anschlag auf der tunesischen Ferieninsel Djerba traf die Urlauber völlig unvorbereitet: Die Terrorattentate auf Bali und im kenianischen Mombasa, die Monate später die Welt entsetzten, standen noch bevor. Ein Jahr nach dem Anschlag auf Djerba am 11. April 2002 dauern die Ermittlungen in zahlreichen Ländern an. Verdächtige wurden unter anderem in Frankreich, Deutschland und Pakistan festgenommen, keiner von ihnen musste sich bislang vor Gericht verantworten. Im Juni bekannte sich das Terrornetzwerk El Kaida zu der Tat.
Die Explosion des mit Gas beladenen Lieferwagens vor einer Synagoge auf Djerba riss insgesamt 21 Menschen in den Tod, darunter 14 deutsche Urlauber. Zahlreiche weitere erlitten zum Teil schwerste Verbrennungen. Der Anschlagsort, die Ghriba-Synagoge, ist ein viel besuchtes Heiligtum der jüdischen Gemeinde Tunesiens und steht auf den Grundmauern einer der ältesten Synagogen Afrikas aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert.
Die Getöteten und Verletzten gehörten zu einer Reisegruppe, deren Bus in der Nähe des Explosionsorts geparkt war. Der Ausflugsbus befand sich auf einer Inselrundfahrt und stand in unmittelbarer Nähe des Explosionsortes. Die Reisegäste waren bereits ausgestiegen, um sich das Gotteshaus anzusehen, als der Tankwagen in die Mauer des Gebäudes raste. Hubschrauber brachten die Verletzten in Krankenhäuser der Umgebung. Über ein Dutzend zum Teil lebensgefährlich Verletzte wurden später nach Deutschland ausgeflogen, wo einige von ihnen in den folgenden Wochen ihren Verbrennungen erlagen.
Die tunesischen Behörden sprachen zunächst von einem Unglück, lediglich in Israel war sofort von einem Anschlag die Rede. Medienberichten zufolge gab es zwischen den tunesischen und den deutschen Behörden bei den Ermittlungen zunächst Differenzen. Bundesinnenminister Otto Schily sprach am 23. April von einer mittlerweile «sehr vertrauensvollen Zusammenarbeit», nachdem es anfangs ein «gewisses Zögern» gegeben habe. Ein Zögern, das auch wirtschaftliche Gründe gehabt haben mag: Im Juni warb der tunesische Außenminister Habib Ben Yahia in Berlin um die Rückkehr deutscher Touristen, die Tunesien seit dem Anschlag in Scharen den Rücken kehrten. Der Tourismus verzeichnete 2002 einen Besucherrückgang von 35 Prozent.
Knapp zwei Wochen nach der Explosion räumte die Regierung in Tunis schließlich ein, dass es sich um einen «vorsätzlichen kriminellen Akt» gehandelt habe. Nach Darstellung der Behörden wurde der Anschlag von einem Tunesier namens Nizar Naouar und einem nicht näher identifizierten Komplizen ausgeführt, der ebenfalls in dem nordafrikanischen Land gelebt haben soll. Der 25-jährige Naouar soll bei der Explosion getötet worden sein, über das Schicksal des mutmaßlichen Komplizen wurde nichts mitgeteilt. Naouars Familie lebt bei Lyon in Frankreich.
Im November erließ die französische Justiz Haftbefehl gegen drei mutmaßliche Helfer des Attentäters: dessen Bruder, einen Onkel und einen Freund der Familie. Sie befinden sich in Untersuchungshaft. Dem jüngeren Bruder des Attentäters, dem Tunesier Walid Naouar, wird Beihilfe zum Mord und Mordversuch in Zusammenhang mit einem Terroranschlag vorgeworfen. Den Ermittlungen zufolge hatte er seinem Bruder das Satellitentelefon besorgt, das nach dem Anschlag in der Wohnung des mutmaßlichen Attentäters sichergestellt wurde. Nizar Naouar soll damit am Tag des Anschlags ein mutmaßliches El-Kaida-Mitglied in Pakistan und den zum Islam konvertierten Deutschen Christian G. in Duisburg angerufen haben.
G. wurde am 15. April in Duisburg festgenommen und tags darauf wieder freigelassen. Im November zog G. nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zusammen mit seiner Familie weg. Die Ausreise habe nicht verhindert werden können, da der vorliegende Tatverdacht nicht für einen Haftbefehl ausgereicht habe. Am vergangenen Wochenende bestätigte das Auswärtige Amt, dass G. in Saudi-Arabien festgenommen wurde. Laut Bundesanwaltschaft besteht weiterhin kein Haftbefehl, da die bisherigen Ermittlungen keinen dringenden Tatverdacht begründeten.
In Spanien nahmen die Behörden am 12. März zwei mutmaßliche Islamisten - einen Spanier und einen Pakistaner - in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen, Geld an den mutmaßlichen Finanzier des Anschlags geschickt zu haben. Und noch eine weitere Spur führt nach Pakistan: Die französische Justiz stellte Anfang März einen Haftbefehl gegen Khalid Scheich Mohammed wegen Beteiligung an dem Anschlag auf Djerba an. Der mutmaßliche Topterrorist war zuvor in Pakistan gefasst worden. Er gilt als enger Vertrauter von Osama bin Laden. Die französische Justiz verdächtigt ihn, den Befehl für den Anschlag gegeben zu haben. Der mutmaßliche Selbstmordattentäter soll kurz vor der Tat über ein Satellitentelefon mit Mohammed in Pakistan gesprochen haben.
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