Schiiten
Die Schiiten stellen insgesamt zehn bis 12 Prozent der Muslime; als Minderheit wurden sie von der Mehrheitsfraktion im Islam, den Sunniten, unterdrückt. Der Zwist zwischen Schiiten und Sunniten entstand nach dem Tod des Propheten im Jahr 632.
Der Begriff „Schiismus“ kommt vom arabischen „schiat Ali“, Partei des Ali, und bezieht sich auf den Vetter und Schwiegersohns Mohammeds, den Mann seiner Tochter Fatima, Ali Ibn Abi Talib. Dieser beherrschte von 656 bis zu seiner Ermordung 661 die islamische Welt. In der Tradition des Islam gehört Ali zu den vier „rechtgeleiteten Kalifen“, wobei seine Anhänger, die Schiiten genannt werden, die Meinung vertreten, dass er als leiblicher Nachkomme des Prophet sofort nach dessen Tod die Führung des Islam hätte übernehmen müssen, an der durch Machenschaften seiner Konkurrenten gehindert worden sei.
Die Schiiten akzeptieren im Gegensatz zu den Sunniten die Geschichte des Islams und die Abfolge der Kalifen-Herrschaft nicht so, wie sie sich historisch abspielte. Insbesondere sind sie der Meinung, dass nach Alis Tod seine leiblichen Nachfahren, vor allem seine beiden Söhne Hussein (al-Husain) und Hassan (al-Hassan) und deren direkte Nachkommen zur Führung der Umma berufen gewesen seien und alle anderen Herrscher Usurpatoren gewesen seien. Das Martyrium Husseins, der an der Seite von siebzig seiner Anhänger in der Schlacht von Karbala im Irak niedergemetzelt wurde, ist eines der zentralen Ereignisse im Schiismus, dessen mit Prozessionen (s. Aschura) gedacht wird.
Im Laufe der Jahrhunderte schufen sich die Schiiten, um ihren Anspruch auf das Kalifat zu untermauern, eine spezielle Eschatologie, die sich in manchem von den Vorstellungen der Sunniten, insbesondere bei der Lehre von den Imamen, unterscheidet. Mehr als im Sunnitentum müssen sich die Gläubigen der Autorität der Mullahs unterordnen. Ali gilt als der erste rechtmäßige Nachfolger Mohammeds.
Die Zwölferschia ist die mit Abstand größte unter den schiitischen Gemeinden. Neben
Ali
Hassan (al-Hasan ibn Ali)
Hussein (al-Husain ibn Ali)
Ali Zain al-Abidin
Muhammad al-Baqira
Dschaafar al-Sadiq (Jafar as-Sadiq)
Musa al-Kazim
Ali ar-Rida
Muhammad al-Jawad at-Taqi
Ali al-Naqi (Ali al-Hadi an-Naqi)
Nasan al Askari (al-Hasan az-Zaki al Askari)
Muhammad al-Mahdi
Ein entscheidendes Kriterium für die Zugehörigkeit ist die Anerkennung der Imame, das Bekenntnis zu der absoluten Autorität der Imame für das wahre Verständnis des Islam.
Eines der wichtigsten Glaubensmerkmale ist das "ghaiba-Modell". Danach glauben die Schiiten, dass der 12. Imam seit 873/874 in der Verborgenheit lebt (ghaiba), d.h. abwesend ist. Sein Vater, so die schiitische Überlieferung, hatte ihn als Kind verborgen, um ihm den Zugriff der abbasidischen Kalifen zu entziehen. Diese Vorstellung führt letztendlich dazu, dass sie auf die Rückkehr des 12. verborgenen Imams warten. Die Wiederkehr des "Rechtgeleiteten" (Mahdi) - wie sie ihn bezeichnen - wird die Spaltung der Muslime beenden, den ursprünglichen Islam des Propheten wiederherstellen und ein paradiesisches Reich der Gerechtigkeit auf Erden errichten. Erst dann wird es auf der Welt einen legitimen Herrscher geben.
Die schiitische Bevölkerung kam zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert in verschiedenen Wellen aus dem Irak und Iran in den Libanon. Auch bei schiitischen Minderheiten führten deren nicht mit dem offiziellen Islam übereinstimmende Lehren dazu, dass sie in den vergangenen Jahrhunderten ein bedrängtes und zurückgezogenes Leben führen mussten.
Der Libanon, vor allem die Gegend um den Dschebel (Berg) Amil im Süden des Landes, ist schon seit langer Zeit eine Region, in der auch schiitische Flüchtlinge überlebt haben. Ein weiterer Schwerpunkt des Schiismus lag von je her in der Bekaa-Ebene im Ostlibanon. Obwohl die Schiiten im Libanon die zahlenmäßig größte Religionsgruppe darstellen, waren sie lange Zeit weitgehend machtlos und traten kaum in Erscheinung. Sie gehörten sozial, wirtschaftlich und politisch zur Unterschicht. Wie die Sunniten waren auch die Schiiten anfangs nicht mit ihrer Eingliederung in den neuen Staat Groß-Libanon einverstanden. Sie erkannten jedoch bald die Vorteile, die der Status einer großen Minderheit im Libanon im Verhältnis zu dem einer kleinen Minderheit im sunnitisch dominierten Syrien mit sich brachte. Hinzu kam, dass die Schiiten 1926 offiziell als eigene Religionsgemeinschaft anerkannt wurden und ihnen damit eine selbständige Gerichtsbarkeit im Personenstandsrecht zugebilligt wurde. Da die libanesische Bevölkerung in der ehemaligen „Sicherheitszone“ Israels vor allem aus Schiiten bestand, litt sie mit am meisten unter den israelischen Angriffen. Tausende waren dazu gezwungen, ihre Dörfer zu verlassen, um vorübergehend Zuflucht in den südlichen Vororten Beiruts zu nehmen, wo sie bis heute geblieben sind. Seit den 70er Jahren diesen Jahrhunderts spielen die Schiiten eine wichtige Rolle im Libanon. Sie sind als einer der Gewinner des Bürgerkrieges anzusehen, da sie im Vergleich zu den Zeiten vor dem Bürgerkrieg ihre politische Macht ausbauen konnten. Das Amt des Parlamentspräsidenten wird traditionsgemäß von einem Schiiten ausgeübt.
Den Schiiten stehen insgesamt 27 Parlamentssitze zu.
http://www.libanon-info.de/lib/reli/relimomuslimsch.htmlSunniten
Die sunnitischen Muslime stellen die Mehrheit innerhalb des Islams. Innerhalb von dreißig Jahren nach dem Tod des Propheten kam es zur Auseinandersetzungen darüber, wie der Nachfolger des Propheten, der Kalif, bestimmt werden sollte. Eine große Mehrheit schlug vor, dass die „Ältesten“ ihn nach einer Wahl und der Zustimmung innerhalb der Gemeinschaft, wie dies in der Wüste Tradition war, ernennen sollten, Sunnah (Sunna) bedeutet Tradition, Brauch oder Übung und wird im Sinne der Sunnah des Propheten Mohammed, in seinem Sprechen, Tun oder in seiner stillschweigenden Zustimmung benutzt. Die Personen, die dieser Ansicht folgten, wurden Sunniten genannt. Die Anhänger der Sunnah lehnten im siebten Jahrhundert den dynastischen Machtanspruch der Nachkommen von Mohammeds Cousin und Schwiegersohn Ali auf die Leitung der Gemeinde ab.
Die Islamisierung des Libanon begann kurz nach dem Tod des Propheten im Jahr 632. Während die gebirgige Topographie des Libanon dafür sorgte, dass auch kleine Religionsgemeinschaften überleben konnten, traten die meisten Bewohner der Küstenebene zur neuen Religion über. Auch heute noch sind die Küstenstädte Tripoli, Saida (Sidon) und Beirut sunnitische Hochburgen.
Aufgrund ihres gemeinsamen sunnitischen Glaubens gab es immer Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Sunniten mit Invasionstruppen, angefangen von den Zeiten der Mamelucken / Türken im 12. Jahrhundert bis in den Bürgerkrieg. Die Sunniten verloren 1920 mit der Einrichtung des Groß-Libanon ihre Funktion als staatstragende Gruppe. Sie waren zwar numerisch die zweitstärkste Bevölkerungsgruppe, jedoch unzufrieden mit der Loslösung von Syrien und der Eingliederung in den künstlich geschaffenen, maronitisch-französisch dominierten Staat, da sie die Gefahr der Beherrschung durch Nichtmuslime und die permanente Trennung von der arabisch-muslimischen Welt fürchteten. Durch die Fortsetzung des Konfessionalismus sollten die Befürchtungen der Muslime –und vor allem der Sunniten- in einem christlich dominierten Staat leben zu müssen, zerstreut werden. Deshalb wurde in Artikel 95 der Verfassung eine angemessene Berücksichtigung der verschiedenen Religionsgemeinschaften bei der Besetzung politischer und administrativer Ämter entsprechend der jeweiligen Bevölkerungsgröße als vorläufige Maßnahme festgelegt. Dadurch wuchs die Bereitschaft den Staat zu akzeptieren. Nach der formalen Unabhängigkeit des Landes 1943 wurde in einem ungeschriebenen Abkommen (dem Nationalpakt) zwischen dem maronitischen Staatspräsidenten und dem sunnitischen Premierminister vereinbart, sowohl den arabischen Charakter des Landes als auch die Offenheit gegenüber dem Westen beizubehalten. Diese Festschreibung der politischen Machtverhältnisse, die die Bevölkerungsentwicklung und damit die Verschiebung der Anteile der einzelnen Religionsgemeinschaften innerhalb der Bevölkerung nicht berücksichtigte, trug dazu bei, dass sich kein echtes Zusammengehörigkeitsgefühl bei allen Bewohnern des Landes entwickelte. Im Ergebnis zogen sich die Sunniten, wie auch andere Gemeinschaften, in ihre eigene Religionsgemeinschaft zurück. Dieses Phänomen ist auch heute noch in der libanesischen Politik zu beobachten. So sind die Ausrichtungen der Parteien oder die Auswahl und Wahl der Parlamentarier nicht ausschließlich von politisch unterschiedlichen Gesichtspunkten, sondern weitgehend von religiösen oder ethnischen Vorstellungen geprägt.
http://www.libanon-info.de/lib/reli/relimomuslimsun.htmlAlawiten
Bei den Alawiten handelt es sich um eine religiöse Strömung innerhalb des Islams, die Parallelen mit dem schiitischen Islam aufweist, jedoch eigene Glaubensvorstellungen, Rituale und Normen hat.
Weder Schiiten noch Sunniten erkennen die Alawiten als Muslime an. Die Alawiten werden durch eine Kaste von Eingeweihten geführt. Zwischen 20-30000 Alawiten leben im Libanon.
Ihnen stehen zwei Parlamentssitze zu.
Ismaeliten
Bei den Ismaeliten oder Siebener-Schiiten handelt es sich um eine der Gruppierungen des Schiismus. Sie sind nach Ismael (gestorben 765) benannt, dem Sohn des sechsten Imam der Schiiten, den sie als siebten und letzten Imam betrachten, der in der Verborgenheit lebt, bis er eines Tages wiederkehrt. Die meisten Ismaeliten glauben, dass Ismael oder dessen Sohn Mohammed verborgen hat. Die Ismaeliten sind wiederum in eine Vielzahl von Sekten aufgeteilt.
Im Libanon leben zw. 20-30000 „Siebener“