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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: LOE110119]
#340768
07/01/2011 13:59
07/01/2011 13:59
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Joined: Jan 2008
Beiträge: 916 DJE seit 1999
Batall_DJE
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'Hallo Zusammen,
ich sehe es ähnlich wie Simla. Dieses Statement betrifft nur meine eigenen Erfahrungswerte und klammert die Politik weitgehend aus.
Auch in meinem Umfeld arbeiten die Menschen - fast alle. Nun, zumindest alle, die arbeiten wollen, tun dieses auch.
Was den Tourismus betrifft, da gibt es ja die verschiedensten Varianten. Die regulären Jobs in den Hotels und Agenturen und auch diejenigen, die am Strand ihr Geld verdienen. Es gibt, besonders im Winter, jede Menge Baustellen etc. Dann gibt es die ganz normalen Jobs von der Müllabfuhr über Geschäfte bis hin zu allen möglichen Bürojobs.
Es gibt auf Djerba Menschen aus ganz TN, die hier ihr Geld verdienen in allen Bereichen.
Ich kenne Bauern und Bauarbeiter, die so wenig verdienen, dass ich kaum meine Miete davon zahlen könnte, die aber davon ihre ganze Familie durchbringen und im Groben zufrieden sind. Ich kenne Besserverdienende in den Hotels, die trotzdem den Ansprüchen ihrer Familie und ihren eigenen nicht mehr gerecht werden können. Ich kenne auch Strandverkäufer, die mit einem Peugeot 407 zur Arbeit fahren, und wenn sie 20 Meter weiter sind, ihren Job so gut machen, dass ich ihnen gleich 10 TND in die Hand drücken könnte. Ich kenne aber auch welche, die nur auf der Suche nach europäischen Kontakten sind. Ich kenne Ausflugsverkäufer (besonders Reiten und Quad) in den Hotels, die im Sommer Summen verdienen können, dass ich nur staunen kann und vor Neid erblasse. Die verdienen, wenn sie gut sind, mehr als ihre Chefs. Ich kenne - im Winter - gelangweilte Strandreiter ohne Geld in der Tasche. Wenn man denen vorschlägt auf einer Baustelle zu arbeiten, oder bei uns den Garten zu machen, oder das Haus von aussen zu streichen... gegen Bezahlung natürlich... dann ziehen sie es vor sich doch lieber weiter zu langweilen und sich durchzuschnorren. Nun ja, wir suchen immer noch!!! Ich kenne Frauen, die ihre Babys morgens mit Dreck einschmieren und dann beim Supermarkt betteln gehen; wenn Europäer vorbei kommen, weinen die Kinder besonders oft, da hat Mama den Zwerg mal eben gekniffen. Ist aber lukrativ, wenn man sieht, wie sie wohnen. Ich kenne auch Familien am Rande der Sahara: die jungen Männer arbeiten als Wüstenguides und/oder ziehen mit ihren Schaf- oder Dromedarherden durch die Weidegründe im Winter. Im Sommer verkaufen sie ihre Tiere. Davon leben ganze Grossfamilien recht ordentlich. Und sie lachen über unser Chaos hier, und sind froh, wenn sie dem nach ein paar Tagen wieder entkommen.
Was uns hier 'leider-gottseidank' fehlt, ist die Industrie, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen würde.
Ich denke, dass es insgesamt viele Möglichkeiten gibt. Aber dazu ist es wie in Europa: Als erstes muss ich mich und meine Möglichkeiten selber der Realität entsprechend einschätzen. Dann muss ich mir überlegen, als was ich arbeiten will und kann, und was ich bereit bin dafür auf mich zu nehmen. Und dann kann ich mich auf die Suche nach einem adäquaten Job machen.
Wenn ich allerdings Zuhause sitze und darauf warte, dass mir der genialste Chef meinen Traumjob mit Spitzengehalt an meiner Haustür und im Umkreis von maximal 5 Kilometern offeriert, dann kann ich lange warten. Das ist in Europa auch nicht anders. Auch da kann man nicht oben in der Hirarchie anfangen zu arbeiten. Und wenn mal mal Sternekoch im Fernsehen werden will, dann fängt man überall auf der Welt als Küchenjunge an.
Und Selbständigkeit scheitert auch in Europa oft genug an der Bürokratie. In D z.B. muss ich einen Führerschein machen, wenn ich Mofa fahren will, einen Jagd- und Waffenschein, wenn ich Jäger werden will und ich brauche eine Genehmigung für jeden Flohmarktstand. ... Wieso gehen hier alle davon aus, dass sie alles in bestens kaubaren Häppchen vorgesetzt bekommen müssen, vor allem ohne Gegenleistung? Eigenständigkeit und Selberdenken ist gefragt. Und ich glaube, die Tunesier bestimmter Schichten müssen dringend begreifen, dass ihr altes Clandenken nicht mehr greift (frei nach dem Motto: Papa (oder dessen Beziehungen) wirds schon richten).
Und fragt mal nach, wieviele von den Studierten auch einen Abschluss in der Tasche haben... Sehr viele sind Studienabbrecher. Und da kenne ich mich aus. Habe irgendwann mal Lehramt studiert, als ich das erste Staatsexamen hatte, brauchte es keine Lehrer mehr. Dann habe ich eine Ausbildung zur Physiotherapeutin gemacht, 2 Jahre gearbeitet, dann kam die Gesundheitsreform. Dann hatte ich allerdings genug und wurde in TN Reiseleitung. Zwischendurch habe ich mal kurzfristig in einer Assistence wieder in D gearbeitet. Nein, es ist kein linearer Aufstieg. Aber es geht immer weiter, wenn man nur will und nicht nur von Flexibilität redet.
Mir ist bewusst, dass die Lebenshaltungskosten und die Ansprüche nicht in Relation zu den Gehältern wächst. Und mir ist auch bewusst, dass es nicht in allen Regionen Tunesiens für alle den passenden Job gibt. Und ein Riesenproblem ist und bleibt die Korruption.
Mag sein, dass ich hart bin, aber ich kann das arbeitstechnische Gejammer nicht mehr hören. Muss ein Rezeptionist mit 500 TND Gehalt 2 Autos vor der Haustür stehen haben, weil er mit dem Auto zur Arbeit fahren will und seine Frau zum Kindergarten und zum Frisör? Manchmal glaube ich, dass die Tunesier vergessen haben, wo sie eigentlich leben. TN ist nach wie vor ein "3.Welt-Schwellenland". Und solange sich in den Köpfen hier nichts ändert, wird sich auch im Land nichts ändern. Und damit auch am Leben des Einzelnen.
In diesem Sinne und frei nach dem Motto: ‘Wer auf höhere Berge steigen will, muss auch schärferen Wind vertragen können.’
(Sorry, das war mal wieder sehr sehr ausführlich)
Alles lediglich meine bescheidene und subjektive Sichtweise, welche ich - meistens - im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte kundtue
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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: LOE151215]
#340773
07/01/2011 14:31
07/01/2011 14:31
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Joined: Jan 2008
Beiträge: 916 DJE seit 1999
Batall_DJE
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Es gibt hier Ausbildungen zu allem Möglichen. Steht nur nicht in Relation zu unseren europäischen Ausbildungen.
So darf der tunesische Physiotherapeut sich bereits nach einer 1-jährigen Ausbildung so nennen, ohne besonders viel mehr als Massage-Grundtechniken gelernt zu haben. In Europa braucht man dafür ein 3/4 Medizinstudium und mindestens 3 Jahre Ausbildung bis 5 Jahre Studium. Auch Rezeptionist wirst Du nach 1 Jahr. Kellner brauchen meistens nur 3 Monate. Die Gesamt-Ausbildung zum Hotel-Fach-Menschen, wie in Europa gibt es hier nicht.
Deswegen sparen sich Viele eine Ausbildung und fangen direkt an zu arbeiten. Was aber dazu führt, dass ihnen meist wichtige Grundlagen fehlen. So bin ich z.B. immer noch auf der Suche nach einem guten Damenschneider, einem Schuster, ...
Aber lernen wollen ja auch nicht alle. Eine deutsche Bekannte ist Friseur-Meisterin und sucht eine/n Mitarbeiter: nicht ganz ungeschickt, zuverlässig, pünktlich und freundlich und bereit unter einer Europäerin zu arbeiten und zu lernen. Pustekuchen!!! Sie sucht immer noch!
Pina, ich sage Dir Bescheid. Im Moment sind die Wände nass, und da drüber streichen bedeutet innen Schimmel... Aber ich habe es im Hinterkopf!
Alles lediglich meine bescheidene und subjektive Sichtweise, welche ich - meistens - im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte kundtue
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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: Batall_DJE]
#341020
11/01/2011 10:31
11/01/2011 10:31
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Joined: Dec 2009
Beiträge: 49 Tunesien
jmour
Junior Mitglied
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Beiträge: 49
Tunesien
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hallo Batall, so wie du erlebe ich es auch hier in Nabeul. In vielen Bereichen werden Arbeitskraefte gesucht, Landwirtschaft, Handwerk. Aber keiner will sich mehr die Haende schmutzig machen, alles traeumen von einem gut bezahlten Buerojob, neustes Handy ,Auto und schicke Wohnung inklusive. Das man sich aber dieses auch erarbeiten muss, will keiner einsehen. man arbeitet ein bischen, ist fast nie puenktlich und wenn man keine Lust mehr hat ist erst mal jemand aus der familie gestorben und dann bleibt man einfach ganz weg. Die Familie kann man ja immer anbetteln. Es gibt sie, die wenigen Ausnahmen, Tunesier die 7 Tage die Woche arbeiten, die ihren Beruf lieben, sich selber fortbilden und Zeit und Geld inverstieren, aber leider zu wenig.
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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: jmour]
#341248
13/01/2011 00:17
13/01/2011 00:17
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Joined: May 2001
Beiträge: 44,033 Gera
Claudia Poser-Ben Kahla
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Mitglied***
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Gera
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hallo Batall, so wie du erlebe ich es auch hier in Nabeul. In vielen Bereichen werden Arbeitskraefte gesucht, Landwirtschaft, Handwerk. Aber keiner will sich mehr die Haende schmutzig machen, alles traeumen von einem gut bezahlten Buerojob, neustes Handy ,Auto und schicke Wohnung inklusive. Das man sich aber dieses auch erarbeiten muss, will keiner einsehen. man arbeitet ein bischen, ist fast nie puenktlich und wenn man keine Lust mehr hat ist erst mal jemand aus der familie gestorben und dann bleibt man einfach ganz weg. Die Familie kann man ja immer anbetteln. Es gibt sie, die wenigen Ausnahmen, Tunesier die 7 Tage die Woche arbeiten, die ihren Beruf lieben, sich selber fortbilden und Zeit und Geld inverstieren, aber leider zu wenig. Das mag in nabeul so sein, in z.B. Kasserine wäre jeder froh solche Angebote zu bekommen. Schaut mal nach Westtunesien, da gibts nichts.
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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: Batall_DJE]
#341274
13/01/2011 07:57
13/01/2011 07:57
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Joined: Feb 2003
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Cheker
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Frankfurt
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Mir ist, wenn ich mal in T über Arbeit und Arbeitswege mit jemand gesprochen habe, aufgefallen, dass alles was weiter weg ist als 10 Minuten als weeeeeiiiiiit weg empfunden wurde.
Als ich sagte, dass man selbst innerhalb einer Stadt manchmal bis zu 1 Stunde brauchen kann, um einen Arbeitsplatz zu erreichen, wurde ich nur gross angeschaut.
Dann sagte ich, dass man, wenn man z.B. arbeitslos ist und dann mit dem Amt Vereinbarungen trifft, dort unter Anderem ( sollte man nicht umziehen können) vereinbart wird, dass man bis zu 1.5 Stunden pro einfachem Weg zur Arbeit tolerieren muss.
Da kam dann: nein, das ist ja viel zu weit, würde ich nie machen, muss ich ja 2 Stunden vor Dienstbeginn aufstehen und was nicht noch alles......
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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: sharaz99]
#341288
13/01/2011 12:25
13/01/2011 12:25
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LOE110209
geloescht!
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Typisches Beispiel: Klingeln 2 Herren von der Stadtreinigung an der Tür, weil mal wieder irgendein Feiertag oder Schulbeginn oder was auch immer ist. Ich verweise auf einen Baum vor dem Haus, der in ihr Aufgabengebiet fällt, aber ewig nicht geschnitten wurde. Antwort: Mais Madame, vous nous comprenez mal, on cherche pas travailler, on veut que l´argent..... Sie verstehen uns falsch, wir wollen nicht arbeiten, wir wollen nur Geld.
Was soll man da sagen....
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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: sharaz99]
#341524
14/01/2011 12:41
14/01/2011 12:41
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jmour
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Re: Situation Arbeitsmarkt für Einheimische?
[Re: Ayscha]
#343819
29/01/2011 16:50
29/01/2011 16:50
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Beiträge: 765 Deutschland+Tunis
sharaz99
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Deutschland+Tunis
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@ Sharaz, ja, ich meine Tunesien und ich habe auch die Threads zu den dt Firmen gelesen, danke für den Hinweis. Aber es arbeiten doch nicht alle Tunesier für deutsche Firmen? Ich habe zB einen tn Bekannten, der einen tn Festvertrag hat in einem Hotel auf Djerba, momentan in Urlaub ist, aber trotzdem weiterhin Gehalt bezieht. Dann habe ich Bekannte, die bis vor 10-15 Tagen noch gearbeitet haben, jetzt aber nicht mehr und auch kein Geld bekommen und trotdem irgendwie die gesamte Familie versorgen müssen - nur wie?! Hallo Ayscha, ich kenne mich nur bei deutschen Firmen aus. Bei den anderen Branchen wie du z.B. genannt hast weiß ich nicht Bescheid. Aber Galega hat heute Morgen gepostet, dass es bei den franz. Firmen die gleichen Probleme gibt. Ich denke mal was Supermärkte angeht ist die Sache ein bisschen einfacher. Sie waren ja nicht allzu lange geschlossen und sie müssen auch keine Produkte aus Tunesien ins Ausland liefern. Hier in Tunesien sind viele Betriebe Zulieferbetriebe für die verschiedensten Industrien in Europa. Und wenn da der Zufluß stockt können die Kunden hier nicht weiter produzieren. Das ist das Problem. LG sharaz
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